100 Meisterwerke, Kunst an Bord: Ottmar Hörls "Weltanschauungsmodell III"
Rund 900 Kunstwerke gibt es an Bord der EUROPA 2 – darunter Arbeiten von großen Künstlern wie Gerhard Richter, Ólafur Elíasson, David Hockney und Damien Hirst. Aber auch Werke von aufstrebenden wie Jeppe Hein, Georg Küttinger, Ingrid von Kruse, Cornelius Völker und anderen. In unserer Serie 100 Meisterwerke stellen wir Ihnen einige der schönsten Stücke der Sammlung vor.
Fern-Seher: Die blaue Kunststoffskulptur “Weltanschauungsmodell III” aus dem Jahr 2008 – ein Mann mit Fernglas
“Ein Bildhauer definiert sich nicht dadurch, dass er tonnenweise Material hinschüttet, Förmchen drapiert und sich auf der schmalen Werkspur der Identifizierbarkeit verwirklicht”, sagt Ottmar Hörl, “sondern dadurch, dass er Materie in Bewegung versetzt. Wie ein Zauberer.” Das ist ein Statement, über das man lange nachdenken kann, und zu dem man sehr wohl eine eigene Haltung formulieren kann (sogar sollte). Vor allem aber ist es das Selbstverständnis eines Künstlers, der auf ganz eigene Weise mit der Reproduzierbarkeit seines Werks spielt. Hörls Arbeiten sind selten Einzelstücke, sondern meist Serien – eine Reihe von Gartenzwergen, die dem Betrachter den Mittelfinger entgegen recken oder den Arm zum Hitlergruß heben, eine Gruppe von Wagner-Figuren im Park von Bayreuth, Portraits aller Kühe der Stadt Passau. Oder die Arbeit “Weltanschauungsmodell III”. Es handelt sich um eine Reihe blauer Kunststofffiguren, groß etwa wie Kinder, die mit Ferngläsern in eine unbestimmte Richtung blicken. Auf der EUROPA 2 stehen vier dieser Männlein. Und wenn man sie passiert, fragt man sich unweigerlich: Was sehen sie? Wozu dient das Fernglas? Wieso überhaupt Weltanschauung, wenn es doch mit der Optik in der Hand maximal um Weitsicht gehen kann? Oder anders gefragt: Was will uns der Künstler sagen? Man findet in Hörls Arbeiten keine Antworten auf diese Fragen. Hörl konfrontiert uns mit seinen Figuren, zwingt uns Gedanken auf, die am Kern der Sache vorbei führen. Denn eigentlich, so heißt es auch in der Laudatio zum Preis der “Cologne Fine Arts”, spielt in seinem Œuvre das “Prinzip der Serialität eine herausragende Rolle”. Doch sollen sie uns wohl vor allem die Augen öffnen für den Ort, über den seine Figuren oft in großer Zahl herfallen. So passen die “Weltanschauungsmodell III” titulierten Plastiken – es gibt auch “Weltanschauungsmodell I A” und “Weltanschauungsmodell IV” – mit ihren Ferngläsern zur EUROPA 2 wie seine Martin-Luther-Skulptur “Hier stehe ich” nach Wittenberg und der “Hermelin” nach Krakau, weil im Czartoryski Museum der Stadt Leonard da Vincis weltberühmtes Gemälde “Dame mit Hermelin” hängt. Die Kunst von Ottmar Hörl lenkt so das Augenmerk des Betrachters auf ihren Standort. Und vielleicht nehmen Sie sich beim nächsten Mal einfach einen Moment Zeit, wenn Sie auf dem Weg zum Restaurant “Yachtclub” an den kleinen blauen Männer mit ihren Ferngläsern vorbei kommen. Und fragen sich: Was sehen die? Wozu das Fernglas? Was will uns das Werk über seinen Ort sagen? So wie der Weg manchmal zum Ziel wird, kann auch die Frage schon Teil der Antwort sein.
Ottmar Hörl, geb. 1950 in Deutschland. Er studierte an der Hochschule für Bildende Kunst, der Städelschule, in Frankfurt am Main und an der Hochschule in Dresden. Seit 2005 ist er Präsident der Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg. Wenn Sie mehr wissen wollen über die Skulpturen Hörls, finden Sie hier einen Flyer mit vielen Abbildungen und einigen interessanten Infos zum Werk des Künstlers. Die vier Plastiken befinden sich hinter der Achtertreppe auf Deck 9.