30 Tage Abenteuer. Über die Expedition Nordwestpassage mit unserer HANSEATIC spirit
Nach wie vor gilt die Durchfahrung des Seeweges zwischen Atlantik und Pazifik als einzigartige Expeditionsreise. 30 Tage war unsere HANSEATIC spirit unterwegs. Wir sprachen mit Kapitän Axel Engeldrum, mit General Expedition Manager Matthias Mayer und mit Expeditionsleiter Arne Kertelheim über ein Epos der Polargeschichte.
Kapitän Axel Engeldrum hat die HANSEATIC spirit in Dienst gestellt. Die Durchfahrung der Nordwestpassage war nach der Semicircumnavigation der Antarktis seine zweite epische Expedition mit unserem jüngsten Schiff
Lieber Kapitän Engeldrum, diese Expedition führte die HANSEATIC spirit von Seward in Alaska nach Kangerlussuaq auf Grönland – durch die historisch so bedeutsame Nordwestpassage. Wo beginnt und endet diese eigentlich genau?
Axel Engeldrum: Seinerzeit verlief die Suche nach der Passage von Osten nach Westen, so liegt der historische Eingang dieser Passage an der Nordspitze von Baffin Island, hier führt der Lancaster Sound in die Nordwestpassage. Verschiedene Routen zweigen da nacheinander ab und führen durch ein Labyrinth aus Inseln in der kanadischen Arktis. Die Passage endet dann in der Beringstraße, in der Meerenge zwischen dem amerikanischen und eurasischen Kontinent. Wir fuhren diesmal von Seward in Alaska zu den Aleuten und von dort ging es in die Nordwestpassage, die wir gestern erfolgreich über den Lancaster Sound verlassen haben. Jetzt geht es weiter nach Grönland zu den großen Eisbergen und den bunten Ortschaften.
Die Durchfahrung der Nordwestpassage war im Zeitalter der Entdeckungen eines der großen Abenteuer. Wo liegen die Herausforderungen heute?
Es hat sich vieles verändert seit Roald Amundsen mit seiner Crew 1906 die erste komplette Passage gelang. Die Regionen sind inzwischen vermessen und kartographiert, wir können an Bord Satellitenbilder nutzen um die Eisbedeckung zu beurteilen. Wir haben rund um die Uhr Internetempfang und reisen sehr komfortabel. Die grandiosen Landschaften haben sich jedoch nicht verändert. Auf dieser Reise bekommen wir einen kleinen Eindruck von den Leistungen derjenigen Seeleute, die im Zeitalter der Entdecker hier unterwegs waren. Die Eislagen haben sich in den letzten Jahrzehnten verändert. Trotzdem bleiben das Wetter und die Eissituation für die richtige Routenwahl entscheidend. Das kleine Zeitfenster im Jahr, in der die Nordwestpassage sicher befahrbar ist, muss gut geplant und genutzt werden.
Es steckt viel Vorbereitung, viel Planung in einer solchen Expedition. Wie ist es für Sie als Kapitän, sind Sie am Ende froh, dass alles geklappt hat und das Ziel erreicht wurde – oder geht es Ihnen wie einigen Gästen, die sich wünschen, so mancher Moment möge nie vorbei gehen?
Es gab so tolle Orte und Zeitpunkte auf dieser Reise, an der es uns allen schwer fiel weiter zufahren, da die Stimmung draußen in der Natur so schön und das Wetter so gut waren. Da verweilten wir schon mal länger als ursprünglich geplant. Doch dann möchte ich auch immer gerne weiter fahren. Denn auf dieser sehr langen Reise, liegen noch so viele Meilen vor einem, und es gibt ja überall Spannendes zu entdecken. Als wir gestern das letzte Eisband im Lancaster durchfuhren, da kam aber auch eine Erleichterung in mir auf – es tat gut, die andere Seite erreicht zu haben.
Mit seiner langjährigen Erfahrung bewahrt Matthias Mayer an Bord immer die Ruhe – und hält als General Expedition Manager den Kontakt zu den Gästen
Lieber Matthias Mayer, Walfänger zählten zu den ersten, die es in die Arktis zog. Viele Bestände haben sich wieder erholt. Welche Begegnungen mit den größten Säugetieren hat Sie in den vergangenen 30 Tagen beeindruckt?
Matthias Mayer: Bei dieser Nordwestpassage hatten wir sehr gute Walsichtungen. Aber einen Grönlandwal aus nächster Nähe zu beobachten, das war etwas ganz Besonderes. In Strzelecki Harbor hofften wir dann, Beluga Wale zu sehen. Doch unsere Erwartungen wurden weit übertroffen: Mindestens 100 Tiere waren in der Bucht. Sie schwammen so nah am Ufer auf und ab, dass wir sie vom Strand aus beobachten konnten. Ein absolutes Highlight dieser Reise.
Welche Spuren der Zivilisation haben sich bei dieser Expedition gezeigt?
Den Walfängern und ihren Siedlungen sind wir während einer Nordwestpassage ständig auf der Spur. Wir besuchten Plätze, wo einst große Flotten vor Anker lagen, zum Teil sogar überwinterten, etwa auf Herschel Island oder in Gjoa Haven. Wir erfahren viel über die Geschichte dieser Orte und über das Leben der Männer. Und natürlich werden wir in Grönland mit dem Walfang konfrontiert, denn hier gehört er zur Lebensweise der Inuit. Umso besonderer sind die Begegnungen mit den Walen, dieser Moment mit den Belugas war ein besonderes Geschenk.
Die Expedition Nordwestpassage ist mit 30 Tagen eine lange Reise. Geben Sie uns einen Einblick in das Leben an Bord.
Man lernt sich recht gut kennen auf einer solchen Reise, führt viele Gespräch, hat viel Zeit füreinander. Immer wieder bringen wir die Gäste bei besonderen Veranstaltungen zusammen, etwa beim „Arktis Zauber“ am Abend auf dem Pool Deck, bei einer zünftigen Pølser Party oder bei einem Barbecue. In den Recpas wird das gemeinsam Erlebte zusammen mit den Experten vertieft, und wir spüren dabei ein starkes Miteinander. Solche Momente verbinden. Ich versuche zudem immer wieder, die Gäste dazu zu animieren, sich auch Zeit für sich zu nehmen – einmal bei einem Landgang die Stille zu genießen, die Weite, den Horizont. Denn eine Nordwestpassage ist auch eine Reise zu sich selbst.
Seit mehr als zehn Jahren arbeitet Arne Kertelhein an Bord unserer Expeditionsschiffe – als Historiker ist er Experte für Polargeschichte und bei dieser Reise Expeditionsleiter der HANSEATIC spirit
Lieber Arne Kertelhein, während ihrer Reise hat die HANSEATIC spirit diverse Siedlungen der Inuit besucht. Welche Begegnungen haben Sie besonders beeindruckt?
Arne Kertelhein: Als Amundsen vor mehr als 100 Jahren zum ersten mal die Nordwestpassage befuhr und zwei Winter auf der King William insel verbrachte, lockte sein Schiff die damals noch nomadisch umherstreifenden Inuit an. Man betrieb Tauschhandel, kam ins Gespräch und lernte von ihnen. Heute befindet sich an der Stelle die Siedlung Gjöahaven mit etwa 1.500 Einwohnern. Es gibt einen Flughafen, Supermärkte, eine Stadtverwaltung, Museum, Schulzentrum und ein Hotel. Die breiten Schotterstrassen werden von kleinen, recht einheitlichen Häusern gesäumt. Auch wenn sich die Lebensbedingungen für die Inuit drastisch geändert haben und sie in die moderne Welt transformiert wurden, tat dies ihrer Gastfreundschaft keinen Abbruch. Nachdem sie uns mit Begeisterung ihren Ort zeigten, versammeln wir uns in der gut geheizten Turnhalle, wo uns verschiedene lokale Spezialitäten wie Karibusuppe, und frittierte Kuchen angeboten werden, bevor junge Sportler uns ihre Fertigkeiten in typisch arktischen Übungen zeigen und fröhliche Schulkinder in farbenprächtiger Kleidung traditionelle Tänze aufführen.
Die Entdeckung der Nordwestpassage hat im 19. Jahrhundert die Welt in den Bann geschlagen. Es gibt einige Orte in der Arktis, die daran erinnern. Was haben die Gäste der HANSEATIC spirit erlebt?
Die tragisch verlaufene Expedition von Franklin mit zwei Schiffen und 130 Mann Besatzung verschwand mehr oder weniger spurlos im Inselgewirr des kanadischen Nordens. Als man Jahre später aufbrach, um nach ihnen zu suchen dauerte es wiederum Jahre, bis man auf Beechy Island einsame Grabsteine fand, die von Franklins Männern stammten, welche während der ersten Überwinterung verstorben waren. Hier trafen sich in der Folgezeit verschiedenen Suchexpeditionen und tauschten Nachrichten aus. Wir landeten mit unseren Gästen bei den Überresten einer zerfallenen Hütte. Alte Fässer und Unmengen verrosteter Konservendosen liegen verstreut auf dem Permafrostboden. Von dort wanderten wir durch die karge Landschaft zu den cirka zwei Kilometer entfernten Gräbern der Seeleute, welche bis zum Auffinden der Wracks von Franklins Schiffen Erebus und Terror die einzig greifbaren Zeugnisse dieser Tragödie waren.
Haben Sie ein Morgenritual an Bord? Wenn ja, nehmen Sie uns gern mal mit für Ihren Tagesbeginn in der Nordwestpassage…
Schon in der Kabine werfe ich schnell einen Blick aus dem Fenster und mache mir einen ersten Eindruck von Wind, Wellen und eventuellem Nebel. Dann geht’s nach oben in die Observation Lounge für einen dampfenden Milchkaffee. Hier hat man bereits einen guten Rundumblick und trifft auf erste, frühe Gäste. Aber auf der Brücke stehen die besten Ferngläser, also statte ich dem wachhabenden Offizier einen Besuch ab. Auch unsere Bärenwächter haben sich dort bereits eingefunden, um das Ufer nach Eisbären abzusuchen. In der Anfahrt auf Strzelecki Harbour konnten wir Bär Nummer sechs in den Klippen ruhen sehen. Später erspähten wir nahe des Ufers etliche weiße Rücken im Wasser – Belugawale. Der Kapitän fuhr das Schiff in die geschützte Bucht. Als erstes gehen die Bärenwächter an Land und überprüfen die Gegend. Dann folgen die Experten und anschließend die Gäste. Hier sahen wir bereits einige Wale im Wasser. Wenig später wurde der Anblick spektakulär: Mindestens 100 dieser weißen, hocharktischen Belugawale zogen am Ende der Bucht ihre Runden und waren wunderbar zu beobachten. Solche Erlebnisse vergisst man nicht mehr.
Expedition Nordwestpassage – Nordpolarepos mit unseren kleinen Expeditionsschiffen
- Lebendige Entdeckergeschichte – auf einer Passage, die kaum mehr als 100 Schiffe seit 1906 geschafft haben
- Wetter und Eis bestimmen den Kurs: Kurzfristige Planänderungen werden zu großen Abenteuern
- Aktiv die ursprüngliche Weite entdecken – mit den Zodiacs und auf Wanderungen
- Tierbeobachtungen im Reich der Eisbären, Moschusochsen, Polarfüchse und Wale
- Premiere: Schiffstreffen der HANSEATIC spirit und HANSEATIC inspiration (je nach Eislage und Bedingungen vor Ort)
Hier geht es zu unseren Expeditionen Nordwestpassage 2025/2026!
Fotos: Archiv, Interview: Dirk Lehmann