Claudia Böttcher: Luxuriöse Freiheit – mit Kids

Unsere Autorin machte mit Mann und zwei Kindern eine Mittelmeerreise auf der EUROPA 2. Für die erfahrene Bloggerin, die in FERNWEH MIT KIDS vor allem über das Reisen mit Familie schreibt, war es dennoch eine Art Feldversuch: Luxus und Kinder. Geht das gut?

Datum: 04.09.2014
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Europa2_1

Der Moment, den Claudia Böttcher und Familie herbeisehnten: Man hat sich eingerichtet – und das Schiff legt ab

Gerade waren unsere Reiseunterlagen eingetroffen und ich blätterte durch den beiliegenden Katalog. Was ich sah, gefiel mir. Legerer Luxus, klares Design und Zeit zum Entspannen sprachen aus den Bildern und Texten. Doch vor meinem inneren Auge tauchten auch andere Szenen auf. Bilder von umfallenden Gläsern im Gourmetrestaurant, von juchzend im Pool planschenden Kindern, und den gehobenen Augenbrauen der anderen Gäste, von ständigen Ermahnungen: „Pssst, sei leise“, „Hör auf zu zappeln“, „Setz dich ordentlich hin“.

Eine Woche waren wir auf der MS EUROPA 2 unterwegs ein. Wir, das heißt zwei Erwachsene und zwei kleine Kinder – zusammen mit knapp 500 anderen Passagieren. Eine Woche auf begrenztem Raum, 225 Meter lang und knapp 27 Meter breit, draußen auf dem Meer. Eine Woche mit vielen Mitreisenden, die ganz relaxt am Pool ausspannen und am Abend die Restaurant- und Barbereiche genießen wollten, kurz, die sich auf eine Woche ruhigen Luxus auf See freuten. Zwar sind unsere Kids durchaus in der Lage, sich zu benehmen. Weder legen sie die Beine auf den Tisch, noch tyrannisieren sie irgendwen. Sie können ordentlich mit Messer und Gabel essen und wissen, dass man im Restaurant nicht rennt. Aber – es sind Kinder. Manchmal nicht ganz geräuscharm und oft ziemlich bewegungsintensiv. Und nun wollten wir alle zusammen eine Woche auf der MS EUROPA 2 reisen, dem neuen Kreuzfahrt-Konzept der Hapag-Lloyd, das seinen Gästen die große Freiheit des Reisens verspricht.

Ballons   SpaSuite

Viel Spaß und viel Platz: die Spa-Suite auf der EUROPA 2 – funktioniert perfekt für 4 Personen und 2 Ballone

Ob das zusammenpassen würde, war ich mir vor der Abreise plötzlich nicht mehr ganz sicher. Nur um wenig später eines Besseren belehrt zu werden: Luxus, Kinder, Erholung und Entspannung, auch für Eltern, passen zusammen – zumindest, wenn sie so gründlich durchdacht und konzipiert sind, wie auf der EUROPA 2.

Die erste Überraschung erwartete uns bereits Minuten nach der Einschiffung. Dass unsere 42 qm große Spa-Suite ausreichend Wohnplatz für uns bieten würde, hatte ich schon im Katalog gesehen. Allerdings fragte ich mich, wo ich nur um Himmels willen den Inhalt von vier Koffern verstauen sollte. Unzählige Male schon habe ich in ansonsten großzügig konzipierten Hotelzimmern gestanden und verzweifelt versucht, Ordnung zu halten. Was bei einem klitzekleinen Doppelkleiderschrank für alle, inklusive Kleidung, Kinderzubehör, Arbeitsunterlagen und einer ganzen Armada an Ladegeräten, Matchboxautos und Technikkram normalerweise unmöglich ist. Nicht so an Bord des Schiffes. Das Einrichtungskonzept hielt jede Menge Stauraum bereit. Kleidung, Spielzeug, Taschen und Zubehör verschwanden im Nu in den Einbauschränken und Kommoden. Locker hätte ich noch den Inhalt zweier weiterer Koffer untergebracht. So aufgeräumt und mit jeder Menge Platz sind wir noch nie eine Woche gereist, schon gar nicht auf einem Schiff.

Sonnendeck   Tarragon

Yacht Club   Yacht Club 2

Lieblingsplätze auf dem Mittelmeer: Sonnendeck, das Restaurant “Tarragon” und am Heck der “Yacht-Club”

Die Kinder interessierte solche praktischen Erwägungen eher weniger. Sie freuten sich derweil über ihre Begrüßungsgeschenke und spielen begeistert mit den Heliumballons, die in der Suite auf sie gewartet haben. Dann wollten sie endlich los, das Schiff erkunden. Beim ersten Rundgang durch die designten Räume meldeten sich wieder meine Zweifel. Alles strahlte Stil und Ruhe aus. Würden die Kids, die gerade völlig aufgedreht vom spannenden Tag den Gang entlang rannten, hier nicht stören? Nur einen Augenblick später standen wir vor den Türen des Kinderclubs und die Augen der beiden gingen fast über. Ein riesiges Reich, nur für sie, verbarg sich hinter der Tür. Jede Menge Platz zum Toben, eine Kletterwand, Spielsachen, Bücher, Bastelbereich und eine Kuschelecke warteten auf die kleinsten Passagiere. Nur das Versprechen, später zur Begrüßung durch das Betreuerteam wiederzukommen, machte es möglich, die beiden noch einmal hier raus und zum Abendessen zu locken.

Und während wir wenig später ganz entspannt in legerer Atmosphäre auf dem Außendeck des Yacht Club Restaurants saßen, die Kids damit beschäftigt waren, sich immer Neues vom Buffet, der Pizza- und Eiscreme-Station zu holen, stellte ich fest, dass auch hier Kinder wunderbar her passten. Nichts erinnerte an die steife Kronleuchter-und-Dinner- Jacket-Stimmung, die man mit Kreuzfahrten im Allgemeinen verbindet. Vielmehr hatte man das Gefühl, auf der Terrasse eines relaxten 5-Sterne-Resorts am Meer zu sitzen. Auf der EUROPA 2 lebt das Barefoot-Luxury-Konzept eines Resorts, ich fühlte mich an lockere Abende in Hotelrestaurants am Indischen Ozean erinnert. Was ich zu dem Zeitpunkt noch nicht ahnte: Es würde ohnehin das letzte Abendessen auf der Reise mit den Kindern werden. Denn mit dem Angebot beim Kinderessen, mit all ihren Freunden und den unterhaltsamen Betreuerinnen, konnten wir langweiligen Eltern natürlich nicht mithalten.

Kids Poolparty

It’s Partytime: Einmal feiern die Großen mit Band und Champagner am Pool, und dann feiern die Kleinen im Pool

Wir wiederum konnten in den folgenden Tagen die entspanntesten Abende seit Jahren genießen. Testeten uns durch die verschiedenen Spezialitätenrestaurants und führten lange Gespräche. Kein Essen, das auf dem Teller kalt wurde, weil man zunächst einmal das Fleisch für den Nachwuchs schneiden musste, keine Gesprächsversuche, die von flutenden Apfelsaftbächen auf dem Tisch unterbrochen wurden, sondern eine ganze Reihe großartiger und relaxter Abende mit ganz viel Elternzeit. Machte die Kinderbetreuung dann um 21 Uhr abends zu, konnte man sich entscheiden, ob man die Kids ins Bett verfrachtet oder ob sie noch ein bisschen aufbleiben durften. Meist durften sie. Schnell hatten unsere Kinder unter den anderen 65 Nachwuchskreuzfahrern an Bord Freunde gefunden und freuten sich, wenn sie zusammen noch das Showprogramm im Theater ansehen, ein wenig in der Sansibar zu den ersten Sounds der Bordband tanzen, oder in den Räumen des Kinderclubs kichernd ihre eigene Party feiern konnten.

Schon nach einem Tag war auf die Weise eine eingeschworene Gemeinschaft entstanden, die am liebsten alles gemeinsam gemacht hätte. Hatte ich mir vor der Reise Gedanken gemacht, dass die Kinder gelangweilt bei uns rumhängen würden und bespaßt werden wollen, stellte ich schnell fest, dass die größere Herausforderung eher darin lag, überhaupt einmal etwas als Familie zu unternehmen. Das Angebot des Kinderclubs war einfach unschlagbar. Bastelaktionen, Kochschule, Poolpartys und eigene Landausflüge reihten sich aneinander. Da war die Aussicht, alleine mit Mama und Papa durch irgendeine Hafenstadt oder über eine Insel zu laufen, eher weniger attraktiv. Am Ende fanden wir einen guten Kompromiss. Hielt unsere eigene Tagesplanung etwas Spannendes für die Kinder bereit, dann kamen sie mit. So hatten wir zum Beispiel alle zusammen viel Spaß bei einen wunderschönen Boots- und Badeausflug rund um die korsischen Küsten. Wollten die Eltern bei 30 Grad im Schatten zu Fuß stundenlang die Altstadt von Valencia erkunden, schlossen sich die beiden lieber ihren Freunden und dem Kinderclubteam an, und genossen ihren eigenen Festlandausflug ins Ozeaneum der Stadt, mit vielen bunten Fischen, Eisessen und jeder Menge Spaß.

Ozeaneum   Valencia

Händchen haltend durch Valencia: Ungewohnt für unsere Autorin – die Kinder blieben lieber im Kid’s Club

Auf diese Weise verging unsere Woche an Bord der EUROPA 2 wie im Flug. Alle meine Bedenken, die ich vor der Reise hatte, waren ausgeräumt. Ganz im Gegenteil. Selten zuvor hatten wir einen Urlaub, der für alle vier Familienmitglieder das perfekte Angebot bereithielt. Wir Eltern konnten seit Langem einmal wieder richtig viel Zeit für uns genießen, ausgiebig das Spa und Fitnessstudio nutzen und relaxte Stadtbesichtigungen erleben. Die Kinder hatten unglaublich viel Spaß im Kinderclub, haben gespielt, gebastelt, gekocht und getanzt. Dazwischen haben wir immer wieder auch unsere Zeit als Familie gehabt. Bei Landausflügen, beim lockeren Frühstück und Mittagessen auf dem Sonnendeck des Yacht Club Restaurants, am Pool, während der eigens für Familien reservierten Kinderzeit, und abends auf dem Außendeck der Sansibar, zusammen mit vielen anderen netten Eltern und ihren Kids.

Corsika   Ausflug Corsika

Schiffs-Reise mit Boots-Fahrt: Vor Korsika geht es zu einem Badeausflug in die Buchten der Insel – mit den Kindern

Und auch die kinderlosen Gäste fühlten sich durch die anwesenden Kinder nicht gestört. Sehr durchdacht bietet das Konzept der EUROPA 2 für jede Interessengruppe das passende Angebot. Dadurch begegnete man sich kaum. Ganz automatisch wählten alle die Bars, Restaurants und öffentlichen Bereiche, die ihren persönlichen Interessen entsprachen. Während ältere Gäste in der ruhigen Belvedere-Bar am Bug des Schiffs entspannten, junge Paare bei Kerzenschein die Haute Cuisine im Gourmetrestaurant genossen und Erholungssuchende im Spa-Bereich oder auf den oberen Sonnendecks ausspannten, trafen sich alle gemeinsam höchsten einmal bei der abendlichen Show im Theater. Und da störten dann auch Kinder niemanden.

Fuesse_im_Wasser

Erinnerungen an einen Badeausflug: Mutter und Kind plantschen im Wasser an einem der Strände Korsikas

Am letzten Morgen stand ich auf der Veranda unsere Suite und ließ die Woche Revue passieren. Mir schoss ein Satz von Goethe durch den Kopf: „Man reist ja nicht, um anzukommen, sondern um zu reisen.“ Wer mit kleinen Kindern reist, weiß, dass das so nicht immer haltbar ist. Da geht es häufig leider doch ums Ankommen. Endlich ankommen im Zielland, im Hotel, im Restaurant oder an der Sehenswürdigkeit. Weil der Nachwuchs müde oder hungrig ist, sich langweilt oder schlicht keine Lust mehr hat. Doch selten war der Satz wahrer, als in dieser Woche an Bord der MS EUROPA 2. Hier genießt man wirklich das Reisen an sich. Jede einzelne Minute der vergangenen Woche war für alle vier Spaß, Luxus und Entspannung pur. Das Ankommen, das hätten wir gerne noch ein bisschen verschoben.

Sansibar_2

Ausklang: So mancher Abend endet in der “Sansibar”. Man sitzt draußen, ein Gespräch, ein Drink, Sterne funkeln


 

claudiaClaudia Böttcher. Die Füße stillhalten? War noch nie ihr Talent! Und daran hat sich auch mit Nachwuchs nichts geändert. Seit ein paar Jahren sind Mann und Kinder daher immer dabei, wenn die erfahrene Journalistin und Reisebloggerin unterwegs ist. In den vergangen Jahren reiste die Familie nach Sri Lanka und Indien, auf die Malediven, nach Dubai und auf die Seychellen, nach Panama, Frankreich, Spanien, Italien, England, Österreich, in die Schweiz, nach Dänemark, Schweden, Russland, Slowenien und Lettland. „Geht denn das?“ wird Claudia Böttcher noch oft gefragt. Aber ja! Und davon erzählt sie in Fernweh mit Kids. Für den Reise-Blog waren die vier eine Woche auf dem Mittelmeer.

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