Seebär, Seeleopard, Seeelefant: die Robben der Antarktis
An Land wirken sie unförmig und träge. Im Wasser aber sind sie meisterliche Schwimmer, die unglaublich schnell sein können oder erstaunlich tief tauchen. Wenn die Schiffe unserer neuen Expeditionsklasse aufbrechen in die Antarktis, sind – neben Pinguinen, Walen und Seevögeln – die Robben die Stars dieser Reisen. Unser „Who is Who“.
Sind die fett! Das fällt sofort auf, wenn Robben am Strand liegen oder auf einer Eisscholle – ihre mächtigen Körper. Der lässt die Tiere an Land behäbig wirken. Doch Vorsicht, genervte Seebären können über kurze Strecken sehr schnell sein! Ihr eigentliches Element aber ist das Wasser. Und an die besonderen Bedingungen des Südpolarmeeres sind die Robben der Antarktis perfekt angepasst. Eine bis zu zehn Zentimeter dicke Fettschicht schützt die Warmblüter davor, auszukühlen und dient ihnen als Energiereserve.
Robben sind hervorragende Schwimmer. Manche erreichen im Wasser eine Geschwindigkeit von 40 Km/h und können bis zu zwei Stunden tauchen. Dabei hilft ihre einzigartige Biologie mit – die Lungen entleeren sich völlig, der Herzschlag verringert sich von normal hundert Schlägen pro Minute auf bis zu vier Schläge. Die Blutversorgung nicht unmittelbar lebensnotwendiger Organe wird eingeschränkt, die Körpertemperatur herabgesetzt. So viel zu den nicht sichtbaren Fakten dieser besonderen Tiere. In diesem Beitrag geben wir eine Übersicht der Robben, die auf einer Reise in die Antarktis mit einem der Schiffe unserer neuen Expeditionsklasse zu sehen sind.
Weddellrobbe. Die Unerschrockenen.
- Größe: bis zu 2,5 Meter
- Gewicht: ca. 400 Kg
- Ernährung: Fische, aber auch Tintenfischen und Krebse
- Lebenserwartung: 25 Jahre
- Tauchtiefe: bis zu 600 Meter
- Merkmal: graues, kurzes Fell mit hellen Flecken
Die nach dem englischen Seefahrer James Weddell benannten Robben sind in der Antarktis häufig zu sehen. Als typische Einzelgänger liegen sie meist am Rand von Eisschollen oder in der Nähe eines Eislochs. Das wird durch ständiges Nagen freigehalten. Und wenn es manchmal so wirkt, als würden mehrere Tiere einträchtig an einem Loch liegen, ist das ein Trugschluss – es kommt immer wieder zu Revierkämpfen. Weddellrobben sind hervorragende Schwimmer, können bis zu einer Stunde unter Wasser bleiben und legen bei ihren Tauchgängen Distanzen von zehn Kilometern und mehr zurück. Wie alle Robben haben sie ein recht herzlos wirkendes Familienleben: Die Jungtiere kommen im antarktischen Frühjahr zur Welt, werden bis zu sechs Wochen gesäugt und dann verlassen, so dass sie auf sich selbst gestellt sind. Da Weddellrobben an Land keine natürlichen Feinde haben, flüchten sie nicht. Kein anderes Säugetier lebt so weit südlich.
Seeelefant. Die Giganten.
- Größe: 3,5 bis 6,5 Meter
- Gewicht: 900 Kilogramm bis 3,5 Tonnen
- Ernährung: Fische und Tintenfische
- Lebenserwartung: 14 bis 18 Jahre
- Tauchtiefe: 600 Meter und mehr
- Merkmale: große Nase, ein narbenzerfurchter Körper
Nur wenige Tierarten zeigen einen derart ausgeprägten Größenunterschied zwischen den Geschlechtern wie die Südlichen Seeelefanten. Die Kühe werden bis zu 3,5 Meter lang und wiegen dabei bis zu 900 Kilogramm, die Bullen erreichen eine Körperlänge von bis zu 6,5 Metern und wiegen dabei rund 3,5 Tonnen. Überhaupt sind die meist dösenden Giganten für viele Superlative im Tierreich zuständig: Die Bullen haben einen Harem von bis zu 25 Kühen und kämpfen erbittert um ihre Dominanz. Die Narben in der dicken Haut zeugen von heftigen Kämpfen um die Vorherrschaft über weiblichen Tiere. Auch das Paarungszeremoniell wirkt eher wie ein Kampf, da sich die schweren Bullen über die Weibchen wälzen. Seeelefanten tauchen 200 bis 600 Meter tief, bei einem Forschungsprojekt registrierten Meeresbiologen aber auch schon ein Tier in einer Tiefe von 2.388 Metern.
Seebär. Die Geselligen.
- Größe: 130 bis 190 Zentimeter
- Gewicht: 50 bis 150 Kg
- Ernährung: Krill, Fische, Tintenfische
- Brut: 34 Tage, 2 Eier
- Tauchtiefe: bis 150 Meter
- Merkmal: grau-braunes Fell, schwarze Mähne
Ihre Friedfertigkeit und ihr seidiges Fell wurde ihnen beinahe zum Verhängnis. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurde auf den Südlichen Shetlandinseln eine Kolonie von etwa 400.000 Pelzrobben – wie man die Seebären einst auch nannte – entdeckt und innerhalb von zwei Jahren ausgerottet. Durch die Umsetzung strenger Gesetze haben sich die Bestände allerdings wieder so gut erholt, dass sie nicht mehr auf der Roten Liste der Gefährdeten Tierarten stehen. Experten schätzen, dass es etwa zwei Millionen Südliche Seebären gibt. Sie leben in großen Kolonien, oft Seite an Seite mit Pinguinen und anderen Robben wie Seeelefanten oder Weddellrobben.
Krabbenfresser. Die Spezialisten.
- Größe: 200 bis 250 cm
- Gewicht: 150 bis 220 Kg
- Ernährung: überwiegend Krill
- Tauchtiefe: 10-50 Meter
- Lebenserwartung: bis zu 40 Jahre
- Merkmal: silbergraues Sommerfell, im Winter beige-braun
Ihre Besonderheit erkennt man am Namen – die Krabbenfresser haben sich ganz auf eine Ernährungsweise spezialisiert und schlucken wie Bartenwale vor allem Krill. Dabei fungieren ihre Zähne wie ein Sieb, die die kleinen Krebstiere aus dem Meerwasser filtern, dass die Robben durch das Maul spülen. Krabbenfresser sind lose gesellig, sie liegen gern beieinander, bilden aber keine Gemeinschaft. Weiblein und Männlein hüten gemeinsam den Nachwuchs. Ihre größten Feinde sind die Seeleoparden, bei einer wissenschaftlichen Untersuchung zeigte sich, dass etwa 80 Prozent der Tiere einer Region Bissverletzungen aufwiesen. Weltweit, so Experten, gibt es rund 30 Millionen Krabbenfresser.
Seeleopard. Der Jäger.
- Größe: 3 bis 4 Meter
- Gewicht: 270 bis 400 Kg
- Ernährung: Robben, Pinguine, Krill
- Tauchtiefe: 10 bis 50 Meter
- Lebenserwartung: 25 Jahre
- Merkmal: gepunktetes Fell
Das einzige Raubtier unter den Robben ernährt sich vor allem von Krabbenfressern, Weddellrobben und Pinguinen. Dabei jagen die Seeleoparden im Wasser, mit ihren stromlinienförmigen Leibern erreichen sie Geschwindigkeiten von 40 Km/h. Die männlichen Tiere sind um knapp ein Drittel kleiner als die weiblichen. Auch Seeleoparden sind Einzelgänger, die sich nur für die Paarung zusammentun. Darüberhinaus gibt es keine Verbindung. Die schnellen Jäger mögen offenbar die schwarzen Wulstrümpfe der Zodiacs. Immer wieder gibt es Berichte, dass sich die Tiere Gummischlauchbooten nähern. Zu Vorfällen ist es bisher allerdings noch nicht gekommen.
Fotos: Archiv, Dietmar Denger; Text: Dirk Lehmann