Die Magie des Horizonts. EUROPA-Kapitän Olaf Hartmann über die schönsten Aussichtspunkte der Welt
Wir schauen gern in die Weite, wir lieben Aussichtsplattformen. Die Frage nach seinen Top-Viewpoints bewegte Kapitän Hartmann zu dieser hübschen Elegie des Fernblicks.
von Kapitän Olaf Hartmann
Immer wieder sind es die höher gelegenen Aussichtspunkte, die eine magische Anziehungskraft entwickeln und zum Landgang vom Schiff einladen. Einerlei, ob es Hügel, Berge, Kirchtürme, Stadtmauern, auch Rundflüge oder gute Hotels mit einer Dachterrasse sind: Der weite Blick über eine Stadt, eine Landschaft oder auf das Meer, wie auf einer riesigen Schiffsbrücke, sind faszinierend, wundervoll, befreiend und manchmal sogar erhebend.
Sicherlich würde es mir gelingen, auch spontan eine sehr lange Liste derjenigen Plätze anzufertigen, von denen ich eine unvergleichliche, einprägsame Aussicht genießen durfte. Auch nach Jahren sind mir diese Eindrücke noch präsent, so dass ich mir nicht vorstellen kann, ihrer müde zu werden. Jede Wiederholung macht diese Orte wieder lebendig und lässt Ihren Zauber neu erstrahlen.
Bevor ich meine vielen Lieblingsplätze auf dem Globus nenne, möchte ich mit meiner Geburtsstadt Hamburg beginnen, die mit der Plaza der Elbphilharmonie über eine neue Aussichtsplattform verfügt. Diese ermöglicht einen einmaligen Blick auf die Übersee- und Landungsbrücken, auf die Werft und einen großen Teil des Hafens. Als Kind und Jugendlicher bin ich oft mit den Barkassen gefahren oder einem der Seebäderschiffe nach Helgoland.
Im Helikopter über die Küste, zu Fuß auf die Stadtmauer – Hauptsache hinauf
Der „Rote Felsen“ der Insel Helgoland reizt mich ebenfalls unverändert und ein Spaziergang um das Oberland, nach einem Aufstieg über den Klippenweg im Nordosten der Insel, ist stets ein Erlebnis. Im Mittelmeerraum fallen mir schnell die Inseln Sizilien und Korsika ein: Wanderungen auf den Ätna oder Touren nach Castlemola oder Taormina sind ebenso spannend wie der Wanderweg entlang der Felsenküste von Bastia.
Auch ein Hubschrauberflug über die Cote d’Azur – mit Cannes, Nizza, Cap Ferrat und Seealpen – bietet herrliche Ausblicke. Diese hat man ebenso in besonderem Maße, wenn man die Bucht von Kotor in Montenegro besucht und den dortigen, mehr als 1.000 Meter hohen „Hausberg“ ein Stück weit besteigt, von dem aus der Wanderer mit einem grandiosen Blick über den Fjord belohnt wird.
In der ebenfalls an der Adria gelegenen, kroatischen Stadt Dubrovnik sollte der Besucher unbedingt einen Bummel um die Stadtmauer der Altstadt unternehmen, der einem diesen wunderschönen Ort viel näher bringt. Im Norden Europas wäre selbstverständlich das knapp 300 Meter hohe Nordkap zu nennen, das uns einen fantastischen Blick auf das Nordmeer und im Sommer vielfach auch die Mitternachtssonne offeriert, die über dem Horizont „durch zu schwingen“ scheint.
Gehe ich nunmehr in die Welt hinaus, dann sind es immer wieder die prominenten Erhebungen des Corcovado und des Zuckerhuts in Rio, die Gebäude des Empire State Buildings (besonders bei Dunkelheit) und des Freedom Towers in New York, genauso wie der Burj Khalifa in Dubai oder die Sydney Harbour Bridge, die uns unwiderstehlich einladen und anziehen.
Die Dachterrassen von besonders exquisiten Hotels, wie das Ambos Mundos in der Stadtmitte von Havanna, das Hotel Miraflores in Lima mit Blick auf den Pazifik oder das Hotel Malaga Palacio, das einen weiten Blick über den Hafen ins Mittelmeer und manchmal bis an die afrikanische Küste erlaubt, sind moderne Wallfahrtsorte, in denen man bei einem Kaffee einmalige Bilder in sich aufnehmen kann.
Ganz anders und dennoch ein Augenschmaus von erhöhter Warte, sind die Eindrücke, die wir auf der chinesischen Mauer bei Tianjin erleben, die mit der Zeit des Aufstiegs entlang der als Verteidigungsanlage gebauten Anlage, immer besser werden. Auch die Ballonfahrt über die vielen hundert Pagoden und Stupas des einzigartigen Bagan in Myanmar ist ein unbezahlbares Erlebnis, so dass man gar nicht aus dem Korb aussteigen mag.
Tafelberge und kaps – die appetizer für unser Fernweh
Auf Fatu Hiva, einer der Marquesa Inseln, muss der Reisende unbedingt einen Blick von den Bergen in diese zerklüftete, üppig grüne Welt werfen. Das erzeugt eine Sehnsucht für immer. Im Pazifik liegt auch die Insel Pitcairn, deren Besuch ein besonderes Privileg ist. Ihre höchste Erhebung ist der 347 Meter messende Pawala Valley Ridge mit der belohnenden Aussicht in die Weiten des Stillen Ozeans. Der kleine, aber sehr auffällige Mount Maunganui an der Küste Neuseelands bietet traumhafte Ausblicke auf die Pilot Bay und die Strände von Tauranga.
Ganz weit im Süden der Erde denke ich gerne an spezielle Plätze in der Antarktis, die ich immer wieder auf meinen Landgängen aufsuchen möchte. In der Paradies Bucht gibt es eine verlassene argentinische Forschungsstation „Almirante Brown“, die unterhalb eines vielleicht 150 Meter hohen Bergs liegt. Für einen traumhaften Blick über diese Bucht lohnt sich der Aufstieg durch den antarktischen Schnee allemal. Ähnlich verhält es sich mit dem für mein Empfinden „magischen Ort“ Neko Harbour, an einer kleinen Bucht auf der antarktischen Halbinsel, von dem aus der Expeditionsteilnehmer nach einem leichten Aufstieg einen unvergleichlich imposanten Ausblick auf den glitzernden und mit Eisschollen garnierten Fjord erhält.
Letztlich möchte ich auch die großen Kaps unserer Erde nicht unerwähnt lassen. Der klare Blick vom Tafelberg auf Kapstadt und über den Südatlantik ist einmalig, wie auch das Glück, auf der Anhöhe von Kap Horn gestanden zu haben. Die Isla Cabo de Hornos mit dem Albatros-Denkmal der Cap Horniers ist für alle Besucher und insbesondere für Seeleute ein geschichtsträchtiger Ort, der nicht zuletzt durch die auf dem Denkmal befindliche Inschrift von Sara Vial zum demütigen Innehalten veranlasst:
„Ich bin der Albatros, der dich erwartet am Ende der Welt, ich bin die vergessene Seele der Matrosen, die von allen Weltmeeren kamen, das Kap Hoorn zu umschiffen und in den wilden Wellen ihr Leben verloren. Aber sie sind nicht tot. Heute fliegen sie auf meinen Schwingen bis in die Ewigkeit, bis zu ihrer letzten Ruhestätte in den antarktischen Winden.“