Ein besseres Bild der Erde: Fotoschule mit Lutz Jäkel – Objektive
Wir alle fotografieren auf Reisen. Doch was unterscheidet die Arbeit eines Profis von unserer? Lutz Jäkel ist spezialisiert auf Food- und Reise-Fotografie und eine anerkannte Größe in der Branche. Im PASSAGEN BLOG zeigt er, was aus seiner Sicht ein gutes Bild ist, und wie er es gemacht hat: neue Reise, neue Kamera – neue Objektive
Mehr Informationen, mehr Schmelz. Ein gutes Objektiv adelt das Motiv
Heute: Neue Reise, neue Kamera? Gute Idee. Aber was ist eine gute Kamera?
Hand aufs Herz: Wenn Sie sich eine neue Kamera kaufen wollen – vielleicht weil wieder eine spannende Schiffsreise ansteht – worauf achten Sie? Woran bemessen Sie die Bildqualität eines neuen Systems, ganz gleich, ob Sie in Fachmagazinen blättern oder sich von einem Fachhändler beraten lassen? Richtig, an der Auflösung der Kamera. Das haben auch Hersteller und Händler erkannt und in den letzten Jahren einen wahren Pixel-Wettkampf gestartet, wonach „je mehr, desto besser“ zu gelten scheint. 10 Millionen Pixel kann diese Kamera auflösen? Lächerlich. Hier: 24 Millionen Pixel, und die ist sogar noch kleiner und billiger. Gekauft? Vorsicht!
Schauen Sie mal genau hin: Ist Ihnen auch schon aufgefallen, dass zum Beispiel Profikameras von Canon und Nikon – die schnell ein paar Tausend Euro kosten (ohne Objektiv!) – mit eher bescheidenen Werten daherkommen? So hat beispielsweise das jüngste Modell von Nikons Profiserie, die Nikon D4 (Neupreis ca. 4000 Euro), gerade mal 16,4 Megapixel (= Millionen Bildpunkte). Damit kann so manche Kompaktkamera, die nur wenige hundert Euro kostet, locker mithalten.
Sie ahnen es, auch hier kommt es auf die inneren Werte an. Und noch etwas ganz anderes spielt eine wichtige Rolle: Ein Kamerasystem ist nur so stark, wie sein schwächstes Glied. Anders ausgedrückt, die Bildqualität hängt nicht nur von der Kamera ab (und ihren inneren Werten), sondern auch ganz entscheidend von den Objektiven. Wussten Sie, dass auch ein Objektiv eine Auflösung hat?
Das Reisezoom (links) kann mit seiner enormen Brennweite viel, aber nichts richtig. Das Weitwinkel-Zoom verfügt nur über einen geringe Brennweite, deckt die aber mit guter Technik perfekt ab (Fotos: Hersteller)
Bringen Sie doch mal Ihren Fachhändler in Verlegenheit und fragen Sie ihn nach der Auflösung des Objektivs, das er Ihnen anbietet. Denn nicht jeder Händler weiß das oder hat zumindest die Werte eines Objektivs auf Anhieb parat (sogenannte MTF-Listen geben da Anhaltspunkte). Die Auflösung einer Kamera und eines Objektivs wird entweder in Linienpaaren pro Millimeter – ein Linienpaar ist dabei immer ein Paar aus einer schwarzen und einer weißen Linie – oder in Megapixel angegeben. Daraus ergibt sich – Achtung! Jetzt wird’s mathematisch – eine so genannte Systemauflösung = 1/(1/Sensorauflösung + 1/Objektivauflösung). Das kann man sich ohnehin nicht merken, muss man auch nicht. Wichtig ist vor allem dies: Ist ein Glied im System schwach, kann das andere Glied es nicht kompensieren.
Oft höre ich in meinen Workshops: „Gucken Sie mal diese tolle Kamera. War teuer. Da habe ich dann beim Objektiv etwas gespart.“ Oder so ähnlich. Schade, das sind Perlen vor die Säue. Umgekehrt – teures Objektive an einfachere Kamera – wäre besser gewesen. Um es an einem Beispiel zu verdeutlichen, indem man sich obige Formel zu Hilfe nimmt: Einfache Zoom-Objektive (z.B. eine Eierlegendewollmilchsau wie ein 18-300 mm – siehe auch Fotoschule „Die Ausrüstung“) haben eine Auflösung von etwa 5 Megapixel. Selbst wenn die Kamera eine Auflösung von 24 Megapixel hat, ergibt sich eine Systemauflösung von gerade mal 4,1 Megapixel. Upps.
Erfahrungsgemäß sind die Daten, die die Kamera erreichen (man spricht von Nutzdaten), kaum brauchbar. Nimmt man dagegen ein 24-Megapixel-Objektiv an einer 5-Megapixel-Kamera, bekommt man auch 4,1 Megapixel Auflösung, aber deutlich höhere Nutzdaten, die die Kamera verarbeiten kann.
Eine Straßenbahnhaltestelle in Istanbul, ein Kreuzfahrtschiff in der Werft: Die Menge der zur Verfügung stehenden Daten ermöglicht dem Fotografen die Arbeit am Motiv
Dass Superzooms so niedrige Nutzdaten haben, liegt zum einen daran, dass durch den hohen Brennweitenbereich viele Linsen hintereinander gekoppelt sind, die das Licht und damit Schärfe und Kontrast – vereinfacht ausgedrückt – schwächen. Und zum anderen sind diese Linsen in der Regel auch nicht hochwertig verarbeitet.
Daher sollten Sie beim Kauf eines neuen Kamerasystems auch die Finger weglassen von sogenannten „Kits“. Denn darin werden oftmals gute Kameras mit einfachen, billigen Objektiven kombiniert, um den Kaufanreiz zu erhöhen. Doch das Problem: siehe oben. Hier spart man an der falschen Stelle. Ein weiterer Tipp: Wenn man nicht unbedingt Autofokus und Bildstabilisator braucht, kann man sehr gute Schnäppchen mit alten hochwertigen Markenobjektiven auf dem Gebrauchtmarkt machen.
Zusammengefasst bedeutet dies: Für beste Bildqualität haben im Idealfall Kamera und Objektiv hohe Auflösungen. Ja, das kann teuer sein. Muss man sich aus Kostengründen entscheiden, ist es immer besser, in ein hochwertiges Objektiv zu investieren und sich mit einer einfacheren Kamera zu begnügen. Wer allerdings auf hohe Bildqualität keinen großen Wert legt, kauft sich eine billige Kamera mit einem billigen Objektiv. Aber wenn das so wäre, würden Sie nicht diesen Blogeintrag lesen…
Mein Lieblingsobjektiv ist übrigens das kleine Zoom mit der Brennweite 28 bis 70 mm bei einer Lichtstärke von 2,8. Zu meiner Ausrüstung gehören außerdem noch folgende Objektive, angegeben werden Brennweite und Lichtstärke: 17-35 (2,8), 28-70 (2,8), 80-200 (2,8), 24er (2,8), 50er (1,8), 60er Makro (2,8). Ich verwende nur Markenobjektive.
Lutz Jäkel ist Foto- und Videojournalist, Buchautor, Islamwissenschaftler und Historiker, er hat in Hamburg, Damaskus (Syrien) und Sanaa (Jemen) studiert. Als Kind aufgewachsen in Istanbul, bereist und fotografiert er seit vielen Jahren die Welt und schreibt darüber, seine Arbeiten wurden vielfach ausgezeichnet. Seine Fotos und Reportagen erscheinen in Büchern und verschiedenen Medien, u.a. in Stern, Spiegel, Spiegel-Online, Abenteuer und Reisen, Merian, Süddeutsche Zeitung, Neue Zürcher Zeitung und Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung. Mehr: www.lutz-jaekel.com