HANSEATIC inspiration – die Überführungsfahrt. Wir begleiten das zweite Schiff der neuen Expeditionsklasse nach Hamburg
Zwei Tage dauert die Fahrt aus dem norwegischen Tomrefjord nach Hamburg. An Bord unserer HANSEATIC inspiration herrscht rege Betriebsamkeit, alles wird vorbereitet für die ersten Gäste. Zeit für ein Interview mit Ulf Wolter, dem Kapitän des zweiten Schiffs der neuen Expeditionsklasse.
Der Kapitän winkt. Die Produktmanagerin lässt das Typhon dröhnen. Und von der Brücke hängt ein Transparent, ein handgeschriebener Dank der Crew an die Werft auf Norwegisch: „Ihr habt ein fantastisches Schiff gebaut! Darauf könnt ihr stolz sein! Tausend Dank!“ Langsam löst sich die nagelneue HANSEATIC inspiration von der Ausrüstungspier der VARD-Werft Langsten am Tomrefjord. Wir schreiben den 2. Oktober, 19.07 Uhr. Soeben noch zog ein heftiger Schauer über das dunkel-glänzende Wasser. Doch am Horizont wird es wieder hell. Eine leichte Brise weht bei Temperaturen um 5 Grad. Und das zweite Schiff der neuen Expeditionsklasse nimmt Kurs auf Hamburg. Der tief stehenden Sonne entgegen.
Die Überführungsfahrt dient den letzten Vorbereitungen
Das Schiff selbst ist in einem hervorragenden Zustand. Es werden vor allem Details finalisiert. An einem der beiden ausziehbaren, gläsernen Balkone fugen die Handwerker das Teakdeck nach. Elektriker justieren die Tablets zur Steuerung der Funktionen in den Kabinen, Helligkeit, Temperatur. Die Service-Teams richten die Restaurants und Bars ein, die Küchen-Teams kochen die ersten Menüs, die Housekeeping-Teams putzen und saugen. Die Überführungsfahrt dient den letzten Vorbereitungen. Zwei Tage auf See, zwei Tage, in denen das Schiff immer wohnlicher wird. Als die HANSEATIC inspiration am 4. Oktober um 21.27 Uhr bei strömendem Regen in der Hafencity festmacht, zeigt sie sich bereit für die ersten Gäste.
Auf der cleanen High Tech-Brücke des neuen Schiffs treffen wir Kapitän Ulf Wolter. Wie alle Crew-Mitglieder an Bord trägt er während der Überführungsfahrt noch zivil. Wir wollen von ihm wissen, wie sich die ersten Seemeilen mit der HANSEATIC inspiration anfühlen.
„Ich freue mich auf die ganz besonderen Momente einer Indienststellung – die erste offizielle Plakettenübergabe, die Taufe, die ersten Gäste...“
Kapitän Ulf Wolter
Hapag-Lloyd Cruises Blog: Lieber Ulf Wolter, bei der Werfterprobungsfahrt waren Sie ja eher Zuschauer, so sind dies also auch für Sie die ersten Seemeilen HANSEATIC inspiration. Wie fährt sich das neue Schiff?
Kapitän Ulf Wolter: Stimmt, bei den Sea Trials durfte ich nur zugucken. Allerdings wurden dabei extreme Manöver gefahren, von voller Kraft voraus auf volle Kraft zurück oder harter Rudereinschlag bei voller Fahrt. Dabei lernt man das Schiff schon kennen. Als erfahrene Seeleute beherrschen mein Team und ich auch ein neues Schiff. Doch bis man richtig vertraut ist, dauert es eine Weile. Es ist wie in einer Beziehung. Ich freue mich jedenfalls auf die weitere Kennenlernphase. Schon jetzt kann ich sagen: Die HANSEATIC inspiration ist ein tolles Schiff.
Helfen die Erfahrungen, die etwa die Kapitäne mit der HANSEATIC nature gemacht haben?
Ich habe vorab eine Reise mit der HANSEATIC nature mitgemacht, um das Schiff im nautischen Bereich zu erleben, beim An- und Ablegen, beim Ausbooten der Zodiacs. Dabei habe ich viele Eindrücke gesammelt, und einige meiner Ideen wurden bei der HANSEATIC inspiration bereits umgesetzt. So ist das Steuerrad hier schräg montiert. Für die Werft war anfangs nicht nachvollziehbar, dass wir überhaupt ein Steuerrad brauchen. Aber inzwischen verstehen sie es. Der Austausch mit den Kapitänen des ersten Schiffs der neuen Expeditionsklasse ist sehr hilfreich, so berichten sie, dass der Neubau sehr souverän durchs Eis gehe. Wie sich das anfühlt, wird sich erst zeigen, wenn wir in der Antarktis sind.
Kapitän Ulf Wolter: Ich freue mich auf die Expeditionsmomente
Die Schiffe sind baugleich. Was aber sofort auffällt: die andere Nock…
Der Grund für diese kleine, schwenkbare Konstruktion: dass wir so in die engen Schleusen der Großen Seen in Nordamerika einfahren dürfen. Für uns auf der Brücke ist die Größe der Nock eigentlich nicht relevant, es zählt der Überblick für die An- und Ablegemanöver. Und trotzdem ist es gewöhnungsbedürftig, wir müssen uns besser koordinieren, damit wir einander nicht die Sicht nehmen. Aber das spielt sich schnell ein. Auf die Großen Seen sind wir aber alle gespannt.
Mit Platz für maximal 230 Gäste ist die HANSEATIC inspiration deutlich kleiner als die EUROPA 2. Muss man sich umgewöhnen?
Ich war sechs Jahre Kapitän der EUROPA 2. Die ist ja kein Riesenschiff, ganz im Gegenteil. Und doch liegen Welten zwischen ihr und einer HANSEATIC inspiration. Viele Häfen, in denen man mit der EUROPA 2 sehr vorsichtig sein musste, werden für dieses wendige Schiff größer wirken. Aber wir fahren ja grundsätzlich andere Destinationen an.
Auf welche Ziele freut sich der Kapitän der HANSEATIC inspiration besonders?
Klar, auf die Antarktis. Vor allem aber freue ich mich auf die Momente, die eine Expeditionskreuzfahrt ausmachen: die Nähe zur Natur, dass man etwa für Whale Watching einfach mal für eine oder zwei Stunden die Maschine stoppt. Besonders aber freue ich mich darauf, nach einer langen Zeit in der Werft wieder in die Heimat zu kommen. Wir fahren an Krautsand vorbei, da bin ich geboren, und werde Familie und Freunde grüßen. Dann passieren wir Övelgönne, wo ich wohne. Ich liebe es, nach Hamburg einzufahren. Und dann stehen uns ganz besondere Tage bevor – die erste offizielle Plakettenübergabe, die Taufe. Es sind große Momente, die selbst für erfahrene Kapitäne selten sind.
Fotos: Susanne Baade, Text: Dirk Lehmann