HANSEATIC spirit – das dritte Schiff der neuen Expeditionsklasse. Interview mit Robert Peukert vom Hapag-Lloyd Cruises Neubau-Team
Mit der HANSEATIC spirit vollenden wir die Modernisierung unserer Expeditionsflotte. Das dritte Schiff der neuen Expeditionsklasse wird zur Zeit in Norwegen fertiggestellt. Im Interview äußert sich Robert Peukert aus dem Leitungs-Team des Neubau-Teams zu den Facetten und Herausforderungen des dritten Neubaus in Zeiten wie diesen.
Hapag-Lloyd Cruises Blog: Lieber Robert Peukert, seit vielen Jahren gehören Sie zum Neubau-Team von Hapag-Lloyd Cruises und waren auch am Bau der ersten beiden Schiffe der neuen Expeditionsklasse beteiligt. Was können Sie uns zum Stand der Dinge bei der HANSEATIC spirit sagen?
Robert Peukert: Unsere HANSEATIC spirit ist im Januar aus dem rumänischen Tulcea schließlich in Tomra, Norwegen, zum finalen Ausbau eingetroffen. Zum einen steht als nächstes die technische Inbetriebnahme an, die Hauptmotoren haben den ersten Stresstest bereits überstanden, die elektrischen Antriebe werden konfiguriert, und die Infrastruktur entsteht – Energiegewinnung, Wasseraufbereitung, Klimatisierung und vieles mehr. Das zweite Feld ist der Innenausbau, die Crewkabinen sind fertig, ein Großteil der Passagierkabinen ebenfalls, demnächst folgen die Suiten. Auch in den öffentlichen Bereichen geht es ständig voran, wo man man gestern noch eine Unterkonstruktion sah, sind heute schon die Wandverkleidungen angebracht. Bald steht die Werfterprobungsfahrt an, der so genannte Sea Trial, und der Krängungsversuch zur Überprüfung der Schiffsstabilität.
Die HANSEATIC spirit wird in einer besonderen Zeit gebaut. Welche Herausforderungen bringt die Corona-Pandemie mit sich?
Die aktuelle Situation bringt natürlich besondere Herausforderungen für die Werft und uns mit sich. Reiserestriktionen und Veränderungen in Arbeitsprozessen beeinflussen auch die Zuliefererketten. Zudem hat Norwegen Ende Januar die Grenzen geschlossen, es werden nur wenige Ausnahmen erteilt, dafür müssen komplizierte Anträge gestellt werden. Für uns als Bauaufsicht bedeutet dies vor allem: noch mehr Planungs- und Koordinationsarbeit. Ich möchte an dieser Stelle ausdrücklich allen Kolleginnen und Kollegen hier danken und meinen Respekt ausprechen!
Worin genau besteht die Aufgabe der verschiedenen Teams vor Ort?
Grundsätzlich ist es so, dass wir den Bauprozess begleiten, die Wahrung der Qualitätsansprüche und des vereinbarten Lieferumfanges. Glücklicherweise konnten wir im Januar ein Team nach Norwegen bringen und noch vor der Grenzschließung drei weitere Kollegen – mich inbegriffen – einfliegen. Nunmehr haben wir die Möglichkeit, über Ausnahmeregelungen die Experten in die Werft zu holen, welche nur für punktuelle Einsätze benötigt werden, etwa für den Einbau der Bierzapfanlage.
Als Laie könnte man meinen, wenn zwei Schiffe einer Reihe schon gebaut worden sind, dann sollte das dritte kein Problem sein. Was stimmt an der Aussage, was ist daran falsch?
Prinzipiell ist der Prototyp immer die größte Herausforderung, da hier die Planung in die Realität überführt wird. Beide Parteien machen ihre Learnings. Die Werft hat viel gelernt beim Bau unserer ausfahrbaren Balkone und der neu konzipierten Gangway. Wir haben viel gelernt bei der Einschätzung des Lagervolumens oder für die Konzeption des Windschutzs. Nun kommt aber das ABER. Jede weitere Schiffseinheit bleibt dennoch ein Neubau, so müssen mal Rohrleitungen anders verlegt, Schweißarbeiten anders ausgeführt werden. Es ergeben sich auch Veränderungen in der Lieferantenkette oder wenn bisher verwendete Materialien nicht mehr verfügbar sind, der Ersatz wiederum in einem neuen Prozess abgestimmt werden muss. Diese Komplexität zeigt, dass auch ein drittes Schiff bis zum letzten Tag enger Betreuung bedarf, um das gewünschte Ergebnis zu erzielen.
Mit HANSEATIC nature und HANSEATIC inspiration hat man schon einige Erfahrungen sammeln können. Was davon zeigt sich an Bord der HANSEATIC spirit?
Dieser Transfer bei Folgeschiffen ist eine besondere Kunst und hängt vor allem ab von der Zeitspanne, die zwischen der Ablieferung des einen und dem Bau des anderen Schiffes liegt. So konnten wir bei der HANSEATIC spirit einige neue Ideen umsetzen oder auf Wünsche engehen, mit denen die Gäste auf uns zugekommen sind – zum Beispiel eine weitere Duschmöglichkeit im Poolbereich. Der wesentliche Unterschied der HANSEATIC spirit zu ihren Schwesterschiffen besteht allerdings im veränderten Kabinenfarbkonzept und im neuen, diesmal französischen Spezialitätenrestaurant.
Wo holt man sich die Inspiration für den Bau eines Schiffes?
Diese ist ja besonders in der Frühphase eines Projektes wichtig, da wird die Kreativität benötigt. Sie basiert auf Erfahrung, Branchenkenntnis, Kenntnis zu aktuellen Trends, aber vor allem auf Produktkenntnis des Marktsegments des zu bauenden Schiffes. Meine persönliche Inspiration und den „Kasten der Kreativität“ habe ich mir aus jahrelangen Wanderjahren zu Land und zur See erarbeitet. Aktuell setzen wir auf digitale und Printmedien, auf den Austausch mit Kolleginnen und Kollegen. Denn wie heißt es doch so schön: „Wer aufhört, besser zu werden, hat aufgehört, gut zu sein.“
Fotos: Susanne Baade, privat, Archiv, Text: Dirk Lehmann