Künftig ohne Schweröl – Interview mit Karl J. Pojer zur neuen Strategie für die Expeditionsflotte

Das Expeditionssegment von Hapag-Lloyd Cruises wird ab Juli 2020 ausschließlich schwefelarmes Marine Gasöl verwenden. Anlässlich der Veröffentlichung der Vorschau zu den neuen Hauptkatalogen für HANSEATIC nature, HANSEATIC inspiration, HANSEATIC spirit sowie der BREMEN äußert sich Karl J. Pojer, Vorsitzender der Geschäftsführung von Hapag-Lloyd Cruises, dazu im Interview.

Datum: 09.01.2019
Tags: #neuerkatalog #interview #hanseaticnature #hanseaticinspiration #hanseaticspirit #msbremen

Hapag-Lloyd Cruises Blog: Herr Pojer, was hat das Unternehmen zu diesem besonderen Schritt bewogen?

Karl J. Pojer: Unsere Gäste, die auf einer Expeditionskreuzfahrt waren, berichten uns, dass die Reise in die entlegenen Gebiete ihre Wahrnehmung für Natur und Umwelt verändert und ihnen noch deutlicher gemacht hat, wie schützenswert unser Planet ist. Das ist auch unser Anliegen und die Entscheidung, künftig ganzjährig auf allen Routen der Expeditionsflotte Marine Gasöl einzusetzen, ist für uns daher ein wichtiger Schritt auf diesem Weg.

Worin unterscheidet sich Marine Gasöl von Schweröl?

Der schadstoffarme Kraftstoff hat einen Schwefelgehalt von nur 0,1 Prozent, die Emissionen von Marine Gasöl weisen deutlich weniger Feinstaub und Ruß auf. In sensiblen Gebieten wie der Antarktis ist dieser Kraftstoff seit Jahren Pflicht. Auch in europäischen Häfen darf nur Treibstoff mit einem Schwefelgehalt von maximal 0,1 Prozent verwendet werden. In anderen sensiblen Gebieten wie der Arktis oder Kamtschatka, setzen wir schon lange – und bereits vor Inkrafttreten der teilweise dort geltenden gesetzlichen Regelungen – Marine Gasöl ein. In der Arktis beispielsweise seit 1993.

In diesem Jahr kommen die beiden neuen Expeditionsschiffe HANSEATIC nature und HANSEATIC inspiration zur Flotte hinzu. 2021 folgt die HANSEATIC spirit. Was zeichnet die Schiffe aus? 

Schon bei der Schiffskonstruktion wurden Umweltaspekte bedacht: Der Rumpf wurde so optimiert, dass eine maximal mögliche Treibstoffreduktion erreicht wird. So senken wir Verbrauch und auch Emissionen. Die Schiffe sind mit einem PROMAS-Ruder ausgestattet, das ebenfalls zur Treibstoffreduktion beiträgt. Mit Meerwasserentsalzungsanlagen produzieren wir unser eigenes Trinkwasser, setzen auf biologische Kläranlagen an Bord und können mit unseren Schiffen Landstrom nutzen. Zusätzlich verfügen die neuen Expeditionsschiffe – wie unsere EUROPA 2 – über einen SCR Katalysator, der den Stickoxidausstoß um fast 95 Prozent reduziert.


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Andere Anbieter setzen auf LNG oder verwenden Scrubber. War das keine Option für Hapag-Lloyd Cruises?

Wir sind mit unseren Schiffen immer auf verschiedenen Routen unterwegs, sie laufen oft entlegene Häfen an. In den allermeisten gibt es keine Infrastruktur für die Nutzung von LNG. Zudem handelt es sich bei Flüssiggas eher um eine Interimslösung, da es ebenfalls aus fossilen Ressourcen gewonnen wird. Die Herkunft des Flüssiggases entscheidet darüber, ob die Klimabilanz positiv oder negativ ausfällt. Auf einen Scrubber können wir verzichten. Beim Einsatz von Marine Gasöl entstehen so schwefelarme Abgase, dass keine Filter nötig sind.

Was sprach gegen den Einbau eines Hybrid-Antriebs?

Seit vielen Jahren sammeln wir Erfahrung mit Elektromotoren, einige unserer Zodiacs sind damit ausgestattet. Die Gäste und Crew-Mitglieder schätzen die leisen Schlauchboote. Doch wir wissen auch, wie eingeschränkt die Einsatzmöglichkeiten sind. Diese Möglichkeit ist für uns beim Abwägen des tatsächlichen Nutzens als nicht relevant eingestuft worden. Denn der Antrieb gewährleistet nur eine sehr geringe Fahrtzeit von lediglich 30 Minuten.

Im vergangenen Jahr kam es zu einem Zwischenfall: Auf Spitzbergen wurde ein Mitarbeiter von einem Eisbären angegriffen…

Dieser außergewöhnliche und tragische Vorfall hat uns alle sehr bewegt. Wir haben dazu viele Reaktionen erhalten. Die meisten Menschen wollten wissen, wie das passieren konnte. Bei unseren Reisen in die Arktis werden Eisbären nur von Bord aus beobachtet. An Land gehen die Gäste, weil sie in Begleitung wissenschaftlicher Experten die Natur und ihre Besonderheiten kennenlernen wollen. Eisbärenwächter, die – wie gesetzlich vorgeschrieben – immer mitreisen, stellen sicher, dass sich kein Tier in der Nähe befindet. Wird ein Eisbär gesichtet, bricht man den Landgang umgehend ab. Bei den Vorbereitungen eines solchen Landgangs ist es zu dem Vorfall gekommen. Das hat uns erschüttert, denn den Schutz unserer Gäste und Mitarbeiter zu gewährleisten, die Natur und Tierwelt zu bewahren, ist uns ein sehr wichtiges Anliegen. An diesem besagten Tag ist uns dies leider erstmals in der langen Geschichte unserer Expeditionskreuzfahrten nicht gelungen.

Welche Lehren zieht Hapag-Lloyd Cruises aus dem Vorfall?

Wir haben die Geschehnisse – auch mit Unterstützung der Behörden vor Ort – grundlegend aufgearbeitet. Zudem haben uns unzählige Vorschläge aus aller Welt erreicht. Wir haben diese genauestens geprüft und einen ganzen Katalog an Maßnahmen erarbeitet: Zukünftig werden die Küstenabschnitte in Vorbereitung einer Anlandung mehrfach mit Zodiacs abgefahren. Geprüft wird noch der Einsatz von Drohnen als zusätzliches Instrument zur Sondierung von Anlandestellen. Zukünftig halten aber mindestens zwei Matrosen von der Brücke aus für den gesamten Zeitraum der Anlandung Ausschau nach Eisbären. Wir haben zudem eine Anfrage auf Aufnahme in die AECO, der Association of Arctic Expedition Cruise Operators, gestellt – um so den Dialog mit anderen Akteuren in der Branche zu intensivieren.

Inzwischen lassen auch andere Kreuzfahrtanbieter neue Expeditionsschiffe vom Stapel. Auf welches Alleinstellungsmerkmal setzt Hapag-Lloyd Cruises in der Zukunft?

Auch Anbieter ohne bisherigen Expeditions-Background wollen vom Potential in diesem Bereich profitieren. Allerdings: Expeditionsreisen bieten keinen Spielraum für Experimente. Hier ist Expertise gefragt. Auf einer Expeditionsreise ins Eis gibt es keinen festen Fahrplan, alles richtet sich nach dem Wetter oder der Eislage. Wir bieten seit vielen Jahren Expeditionskreuzfahrten an. Unsere Kapitäne, die Crews an Bord und Mitarbeiter an Land verfügen über eine enorme Expertise für Reisen in die entlegensten Gebiete. So hat unser Kapitän Thilo Natke das erste nicht-russische Passagierschiff kommandiert, das die Nordostpassage durchquerte. Zehn Jahre lang wurde diese Reise vorbereitet. Unsere langjährige Expertise haben wir in die Gestaltung der neuen Schiffe einfließen lassen. Wir setzen auf Features für unsere Gäste, die es so derzeit auf keinem anderen Schiff gibt: etwa den Decksumlauf am Bug, der die Möglichkeit bietet, ganz nah am Geschehen zu sein. Die ausfahrbaren gläsernen Balkone, durch die man in 15 Meter Höhe über dem Meer schweben kann. 

Jetzt sind heute die neuen Kataloge für die Schiffe der neuen  Expeditionsklasse erschienen. Welche Neuerungen würden Sie hervorheben?

Die neue Vielfalt weltweit! Wir laufen 400 verschiedene Häfen an. Wir bieten Expeditionsreisen mit einer Länge von vier Tagen bis zu knapp vier Wochen. Es gibt so vielfältige Möglichkeiten, mit uns auf Expedition zu gehen. Sowohl „vor der Haustür“ als auch am Ende der Welt.

Fotos: Archiv, Renderings: Ocean Architects

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