Lieblingsplätze.Das große Interview. Sacha Rougier
Lieblingsplätze. Das große Interview. Sacha Rougier. Für das E2MAG laden wir Entscheider und Persönlichkeiten ein auf ein intensives Gespräch. Sacha Rougier ist eine der wenigen Frauen in der Kreuzfahrt-Industrie in Führungsposition – und als Geschäftsführerin von Cruisegate Hamburg verantwortlich für die drei Kreuzfahrtterminals der Stadt. Sie führt das Unternehmen in erfolgreiche Zeiten: Zum ersten Mal hat Hamburg mehr als 700.000 Kreuzfahrtgäste in einem Jahr.
Die gebürtige Niederländerin wuchs in der Schweiz auf, hat in Spanien und Frankreich gelebt und ist seit zwei Jahren in Hamburg. Sie liebt klassische Musik, steht gern früh auf – und ist begeistert von der Elbphilharmonie. Wir treffen die dynamische Managerin im „The Westin“, dem Luxushotel im neuen Wahrzeichen des Heimathafens der EUROPA 2…
E2MAG: Diese Gesprächsreihe heißt Lieblingsplätze. Was muss ein Ort haben, damit er Ihr Lieblingsplatz sein kann…?
Sacha Rougier: Meine Lieblingsplätze haben immer mit Wasser zu tun. Dazu gehört South Point in Miami Beach. Da stehe ich am Meer, und wenn gegen 16.30 Uhr die Kreuzfahrtschiffe auslaufen, ist das für mich ein Gänsehautmoment. So geht es mir auch in Hamburg. Es mag seltsam klingen, aber mein Büro ist einer meiner Lieblingsplätze, weil es so großartig am Museumshafen der Hafencity liegt. Und natürlich – die Elbphilharmonie.
Es ist ein imposantes Gebäude, keine Frage. Doch was erwarten Sie sich davon?
Die Elbphilharmonie ist eine gewaltige Location. Die Architektur, die Fassade, die Plaza. Ich bin überzeugt, dass dieses Gebäude Hamburg einen großen Schub geben wird. Es macht die Stadt schon jetzt international zum Gesprächsthema. Als großer Fan klassischer Musik freue ich mich auf die Konzerte in der Elbphilharmonie. Bisher habe ich zwar leider noch keine Tickets. Aber ich habe schon das Programm studiert, die Namen großer Stars gelesen, die in die Stadt kommen und freue mich auf außergewöhnliche musikalische Erlebnisse.
Das klingt, als wäre die Stadt bisher nicht international genug…
So ist das nicht gemeint. Der Hafen ist ja Inbegriff von Internationalität und prägt die Stadt bis heute. Was mir an Hamburg gefällt, ist dieses Nebeneinander von Tradition und Moderne. Ich hänge sehr an Traditionen. Aber man muss sich immer wieder auch neu erfinden. Ich mag Neues, Kreatives und Modernität. Hamburg verkörpert diese Mischung sehr sehr gut. Und die Elbphilharmonie ist das Symbol dafür.
Ich liebe Hamburg sehr, brauche aber auch die Natur.
Sie sind in den Niederlanden geboren, in der Schweiz aufgewachsen, haben in diversen Ländern gelebt und gearbeitet, zuletzt in Frankreich. Seit 2015 wohnen Sie in Hamburg. Fühlen Sie sich wohl in Deutschland?
Ich fühle mich hier sehr wohl. Da hat auch mit meinen nordeuropäischen Wurzeln zu tun. Die Lebensqualität, die wir hier haben, ist außergewöhnlich. Es ist anders als in Frankreich. Es gibt jedoch kein „besser oder schlechter“. Für mich ist es wichtig, dass man sofort versucht, das Land, die Stadt, die Sitten und die Kultur anzunehmen. Klar, manchmal tritt man auch in ein Fettnäpfchen. Aber das ist nicht schlimm, und nachträglich lacht man darüber
Was begeistert Sie am meisten?
Natürlich der Hafen. Aber vor allem die Vielfalt dieser Stadt. Angesichts der kulturellen und sportlichen Angebote hat man es schwer, sich zu entscheiden. Da gibt es so viel. Jedes Wochenende. Das habe ich so in noch keiner Stadt erlebt.
Wie sieht ihr Alltag aus?
Ich arbeite (lacht). Ich stehe ziemlich früh auf. Ich bin ein Morgenmensch. Ich bin noch nie später als acht Uhr aufgestanden. Auch an Wochenenden nicht. Dann herrscht noch diese besondere Ruhe, und man kann schöne Sonnenaufgänge erleben. Das genieße ich und kann mich auf den Tag vorbereiten. Ich liebe Hamburg sehr, brauche aber auch die Natur. Deshalb wohne ich außerhalb. Ich mag keinen Lärm. Die Ruhe ist der perfekte Ausgleich zum Betrieb an unseren Terminals.
Und Sie machen lange Spaziergänge, um zu entspannen?
Nein. Um mich auszupowern habe ich ein anderes Hobby – Kickboxen.
Eigentlich, so hat man den Eindruck, wären Sie gern Musikerin geworden…
Ich war lange in der Schweiz auf einem Gymnasium, auf dem ich eine sehr gute musikalische Ausbildung bekommen habe. Ich hätte gern Musik studiert. Ich liebe klassische Musik und Opern. Und ich spiele selbst Klavier, leider schlecht. Aber dann habe ich doch Europäische Wirtschaft und Sprachen studiert. Ich bin ganz zufrieden mit meinem beruflichen Erfolg… (lacht)
Als man Ihnen die Position der Geschäftsführerin in Hamburg anbot, hatten Sie da genaue Vorstellungen, was Sie hier bewegen wollen?
Ich habe ich mir das Potential der Stadt angeschaut und mir eine Strategie überlegt. So bin ich in die Gespräche gegangen. Aber erstens müssen die Voraussetzungen stimmen, und zweitens braucht man im Change Management-Prozess, der die von der Stadt gewünschte Neuorganisation der Kreuzfahrt bedeutete, natürlich auch viel Unterstützung. Hamburg hat das Potential, keine Frage. Gerade die besondere Lage – mit der mehrstündigen Elbpassage – ist gleichermaßen Chance und Herausforderung.
Das müssen Sie erklären.
Kreuzfahrten sind ein Business. Jeder Hafen wird nach Attraktivität und Kosten bewertet. Hamburg hat seinen Preis, bietet eben aber auch viel. Dafür sind die Reedereien bereit zu bezahlen. Gleiches gilt für die Elbpassage. Die Dauer ist ein Nachteil, der aber durch die Attraktivität der Landschaft aufgewogen wird. Die Kreuzfahrt wird ja im letzten Abschnitt schon eine Art Hafenrundfahrt. Das schätzen die Gäste.
Ich habe in fünf Ländern gelebt, man kann durchaus sagen: Ich bin eine Europäerin.
Ich habe in fünf Ländern gelebt, man kann durchaus sagen: Ich bin eine Europäerin.
Sie lieben Musik, sind kreativ – ihr Job ist aber sehr strategisch. Wie passt das zusammen?
Musik hat viel mit Strukturen und Ordnung zu tun. Ich mag das. Auch der Terminalbetrieb verlangt ein hohes Maß an Organisation und Ordnung. Aber ich liebe auch die Kreativität, die Kommunikation. Meine Aufgabe ist es unter anderen, Reeder von Hamburg zu überzeugen. Ich muss mit Griechen, Italienern und Amerikanern sprechen. Dafür muss ich mich nicht nur ihrer Sprache bedienen, sondern auch ihre Kultur kennen. Das ist meine Stärke: Ich versetze mich in die Lage des Gegenübers und verbinde seine Interessen und Bedürfnisse mit denen Hamburgs.
Sie haben bereits in fünf Ländern gelebt, sprechen sechs Sprachen. Wie eignen Sie sich eine neue Welt an?
Es ist wichtig, dass man die Sprache spricht. Sonst versteht man nicht, was um einen herum passiert. Zudem ist es immer wichtig, dass man sich anpasst. Der größte Fehler ist es, in ein neues Land zu kommen – und zu meinen, man sei besser. Ich habe in fünf Ländern gelebt, mich fünf mal eingelebt, man kann durchaus sagen, dass ich eine echte Europäerin bin.
Der Beruf hat Sie zum Kosmopoliten gemacht?
Es hat mit der Familie angefangen. Wenn wir zusammen sitzen – mein Eltern, meine Geschwister, ihre Ehepartner, mein Mann und ich –, dann wird in so vielen Sprachen gesprochen, da muss man sich echt konzentrieren. Dass meine Familie so international ist, hat mich auch unerschrocken gemacht. Ich liebe die Herausforderungen eines neuen Jobs.
Eine Frau in einem Männer-Business. Mussten Sie sich besonders durchsetzen, besonders beweisen?
Im Hafen mag das sein. Aber in der Kreuzfahrt gibt es schon sehr lange Frauen auf Chefsesseln. Man muss sich halt durchsetzen. Ich habe mich wie ein jeder in Verhandlungen und im Job behaupten müssen. Am Schluss gibt einem das Resultat recht oder nicht. Fehler machen alle, aber daraus lernt man.
Bei einem Kongress haben Sie Visionen vom Terminal der Zukunft präsentiert – als Kulturcenter und Shoppingwelt. Was davon lässt sich realisieren?
Leider leben wir in einer Welt, die heute anderes tickt als früher. Security wird immer wichtiger. Schon deshalb lässt sich manches Konzept nicht verwirklichen. Und doch wird sich vieles verändern, so entsteht in der Hamburger Hafencity in unmittelbarer Nachbarschaft des neuen Kreuzfahrtterminals ein großes Einkaufszentrum. Die größte Entwicklung wird es aber beim Check-In geben und bei der Gepäcklogistik. Die Reiseanbieter streben einen schnelleren Check-In an: Das Gepäck wird von Zuhause direkt auf das Schiff geliefert. Nach dem Ende einer Kreuzfahrt gibt man noch am Terminal das Gepäck für den Flug auf. Viele Check-In-Abläufe werden automatisiert und somit beschleunigt.
Flughäfen und Bahnhöfe entwickeln sich permanent weiter. Wohin geht das Kreuzfahrtterminal?
Ein Flughafen ist ein Ort, den man aufsucht, um zu seiner Zieldestination zu kommen. Bei einem Kreuzfahrtterminal ist man schon am Ziel, man steigt sozusagen in die Destination ein – denn das Highlight der Reise ist das Schiff. Darum glaube ich nicht, dass es eine Entwicklung wie am Flughafen geben wird. Die gesparte Zeit wird der Gast nutzen, um in die Stadt zu gehen.
Kreuzfahrten boomen. Schon 2021, so die Prognosen, werden rund drei Millionen Deutsche auf einem Schiff Urlaub machen. Was ist aus ihrer Sicht das Erfolgsgeheimnis dieser Reiseform?
Es gibt für jede Person das passende Produkt. Das gefällt mir so gut an dieser Reiseform. Es gibt Reisen für Familien, für Sportfans, für den nationale Märkte, für Paare, Luxus-Kreuzfahrten und und und.
Was ist für Sie Luxus?
Zeit für mich. Zum Beispiel: Wenn ich acht Stunden in einem Flugzeug nach Amerika sitze, habe ich acht Stunden für mich. Es gibt kein „Mamaaa“ und keine Termine. Niemand ruft an, und niemand fragt mich was. Das ist für mich Luxus – darum reise ich so gerne. Ich kann mich um mich kümmern. Meine Musik hören. Machen was ich will. Ein anderer Luxus ist, Zeit mit meiner Familie zu verbringen.
Was nehmen Sie mit auf eine einsame Insel?
Meine Familie. Logisch wäre natürlich ein Messer und praktische Geräte – aber darum kümmert sich sicherlich mein Mann, wie ich ihn kenne. Und ich würde noch meine Musik mitnehmen. Mehr brauche ich nicht: Familie und Musik.
Interview: Dirk Lehmann, Fotos: Susanne Baade. Wir danken dem The Westin Hamburg für die freundliche Unterstützung.
Mit der EUROPA 2 nach Hamburg
Mehrere Reisen des legeren Luxusschiffs beginnen, bzw. enden in Hamburg. Fast immer liegt das Schiff am Cruise Center Hafencity, dem Terminal in unmittelbarer Nähe der Elbphilharmonie:
- Von Kiel über Kopenhagen nach Hamburg führt diese dreitägige Kurzreise mit der EUROPA 2 – die beides vereint Hochsee- und Flusskreuzfahrt mit der Passage von Elbe und Nord-Ostsee-Kanal
- Von Hamburg nach Amsterdam und zurück geht es im September bei diesem Wochenendtrip mit der EUROPA 2 – dessen Besonderheit das Auslaufen sein wird, wenn sich das Schiff in die Parade der Hamburg Cruise Days einreiht
- Von Hamburg über Oslo und Göteborg nach Hamburg fahren Sie bei dieser fünftägigen Kurzreise mit der EUROPA 2 – und werden die ersten Gäste sein auf dem frisch aus der Werft kommenden Luxusschiff