Mit der HANSEATIC nature im Weddell–Meer: eine Expedition zu Pinguinen und Rieseneisbergen
Gigantische Tafeleisberge treiben durch diese Gewässer, Millionen von Adelie-Pinguinen brüten hier, und die HANSEATIC nature erreicht den südlichsten Punkt, den ein Expeditionsschiff von Hapag-Lloyd Cruises in diesem Nebenmeer je angesteuert hat. Expeditionsdirektorin Nadine Armbrust berichtet aus der Weddell-See.
In den frühen Morgenstunden passieren wir ein Stück des größten Eisbergs, der zur Zeit im Südpolarmeer unterwegs ist – er trägt die Bezeichnung A68A. Der Tafeleisberg hat sich vor einiger Zeit von A-68 abgelöst. Der wiederum war ein Bruchstück des Larsen-C-Schelfeises und mit einer Länge von rund 150 Kilometern etwa doppelt so groß wie Lichtenstein. Es ist eine spektakuläre Begegnung für die HANSEATIC nature auf der letzten von sechs Antarktis-Expeditionen in ihrer ersten Saison. Diese führt uns über die Süd-Orkneyinseln von Osten ins Weddell-Meer. In langsamer Fahrt geht es durch Nebelschwaden. Bis wir nur wenige Meter von diesem gigantischen Tafeleisberg entfernt zu sein scheinen. Erst nach und nach wird uns dessen Dimension bewusst.
Anschließend nehmen wir Fahrt auf zu den Danger Islands, einer Inselgruppe im östlichen Weddell-Meer, die nur selten besucht wird. Als erstes liegt Heroína Island auf unserem Kurs. Nachdem wir die Nebelwand durchbrochen haben, kommen die Inseln im Sonnenschein und bei blauem Himmel in Sicht. Die Zodiacs werden vorbereitet. Erst 2018 hat man durch Aufnahmen aus dem All bemerkt, dass auf den Danger Islands weitaus mehr Adeliepinguine siedeln als ursprünglich angenommen. Gut 1,5 Millionen Brutpaare soll es geben – und bei unserer Zodiac-Ausfahrt können wir einen Blick auf die Tiere werfen. Unzählige der kleinen Pinguine hocken auf den Eisschollen und flitzen elegant durch das Wasser.
1903 kartierte Otto Nordenskjöld die James-Ross-Insel
Nachdem wir die ersten Eindrücke langsam verarbeiten, geht es am nächsten Tag in eine andere Region im Weddell-Meer – nach James Ross Island. Es ist das heimliche Sehnsuchtsziel unseres Kapitäns Axel Engeldrum. In der Vorschau auf den heutigen Tag stellt er die aktuelle Eiskarte vor und zeigt eine Route, die er 2006, noch als Navigationsoffizier, geplant hatte. Damals hat es nicht geklappt. Heute wirkt das Ziel nicht minder ambitioniert: Persson Island liegt in der Röhss Bucht der James-Ross-Insel.
Alle sind gespannt, wie weit wir wohl kommen und was uns erwartet. Früh morgens, gegen sieben Uhr, sind wir auf der Höhe von Vega Island. Die Expeditions-Fahrt der HANSEATIC nature beginnt. Wir biegen in den Prinz-Gustav-Channel ab, der die Wasserstraße zwischen dem Antarktischen Festland und der James-Ross-Insel bildet. Zuletzt war dieser Sund von Fest-Eis bedeckt. In diesem Jahr hat sich die Eislage anders entwickelt und mehrere Passagen freigegeben. Es geht voran. Und wir hören über die Lautsprecher die Namen verschiedener Buchten – Gin Cove, Rum Cove und die Geschichte der Schwedisch-Antarktischen Expedition, die hier unter Otto Nordenskjöld 1901-1903 unterwegs war. Es ist ein wundervoll windstiller Tag, wir bestaunen Inseln, Gletscherkanten und Eisformationen.
Das Eis wird dichter, und wir bekommen einen Eindruck davon, wie es in den alten Zeiten gewesen sein muss. Selbst wenn man heute sehr viel komfortabler auf Expedition gehen kann als noch vor 120 Jahren, die Macht – und Kälte! – des Eises ist spürbar. Die James-Ross-Insel, 1903 von der schwedischen Antarktisexpedition kartiert, ist in Nord-Süd-Richtung etwa 75 Kilometer lang und 64 Kilometer breit. Sie hat eine Fläche von 2.378 Quadratkilometer, ihr höchster Berg heißt Mount Haddington, ein 1.630 Meter messender Schichtvulkan, umgeben von einigen Flankenvulkanen. Eine letzte Untersuchung hat bis zu 80 Vulkane gezählt.
Kapitän Axel Engeldrum demonstriert unseren Gästen die höchste Eisklasse, PC6, über die die HANSEATIC nature verfügt. Das Schiff bringt uns bei wechselnden Wetterbedingungen mit viel Sonnenschein schließlich in ein Gewässer mit endlos vielen Eisschollen, bizarren Eisformationen, Tafeleisbergen, reichlich Orca-Sichtungen (bis zu acht Tiere wurden gezählt!) und Zwergwale. Wir erreichen eine Position von 64° 24,824‘ Süd und 058° 08,280‘ West.
Ein Tag, der uns noch lange in Erinnerung bleiben wird
So weit südlich hat es ein Hapag-Lloyd Cruises Schiff in der Weddell-See noch nie geschafft! Wir feiern Premiere, und es werden viele Erinnerungsfotos mit unserem Kapitän und der Besatzung gemacht. Im Hintergrund mächtige Eisschollen und der Blick auf das Antarktische Festland, sowie die James-Ross-Insel. Es ist ein Tag, der uns alle auf besondere Art und Weise geprägt hat, und der uns noch lange in Erinnerung bleiben wird.
Aber auch in den nächsten, verbleibenden Tagen wollen wir noch viele schöne, gemeinsame Momente erleben auf unserer letzten Expedition mit der HANSEATIC nature in die Antarktis. Wir werden Abschied nehmen – und freuen uns schon auf die nächste Saison.
Fotos und Text Nadine Armbrust