Kubanisches Temperament: Dayami dynamisch in Concert (oben) und bei den Proben ganz gelöst im Leoparden-Kaftan
von Dirk Lehmann (Text) und Susanne Baade (Fotos)
“Beause I’m happy, clap along if you know what happiness is to youuu. Because I’m happy, clap along if you… Stopp, stopp, stopp”, Dayami hebt die Hand und nach und nach hören die Musiker auf zu spielen. Ein verlorener Gitarren-Riff hängt noch in der Luft, ein Nachdröhnen des Bass’, ein letztes Zischen eines der Becken des Schlagzeugs tanzt über die Bühne. Dann ist es ruhig. Nur noch das Summen der Verstärker. Dayami sagt: “Ich kann mich nicht richtig hören. Und im Monitor sind die Keyboards viel zu leise.” Auch der Gitarrist klagt, dass er nicht alle Mitmusiker hören könne.
Der Mann am Mischpult dreht an Knöpfen, verschiebt Regler. Einzelne Instrumente sollen noch mal angespielt werden. Und für Minuten gerät die Bandprobe auf dem Pooldeck der EUROPA 2, die sich zwischenzeitlich schon wie ein Konzert angehört hat, zu reiner Kakophonie. Bis es schließlich heißt: “Okay, noch mal.” Und jetzt spielen sie “Happy” bis zur Hälfte durch. Wir, die wir oben auf der Galerie stehen und die der Band Dayami and Company, um die aus Kuba stammende Sängerin, einen Proben-Moment ablauschen, grooven mit. “Happy” von Pharell Williams ist ohnehin ein tolles Lied, doch es wird von der Band druckvoll und von mitreißender Tanzwucht vorgetragen. Jetzt brechen sie ab. Schade. “Ist okay”, sagt Dayami. Der Gitarrist nimmt sein Instrument von den Schultern und nickt: “Gut so.”
Die Schönheit des Mittelmeeres und die Arbeit der Musiker: Dayami and Company tritt in diversen Besetzungen auf, je nach Arrangement mit anderen Sängern. Frontfrau ist die gebürtige Kubanerin Dayami, hier bei den Proben auf dem Pool-Deck und im Arm von David Wilms, dem Entertainment-Manager der EUROPA 2
Langsam verwaist die Bühne wieder. Sie ist eine technisch spannende Konstruktion, kann quasi wie ein modernes Cabrio-Dach über einen Teil des Pools gefaltet werden. Jetzt stehen nur noch einige Instrumente herum und warten auf den Abend und ihren Einsatz bei der Pool-Party. Wir haben uns mit Dayami zum Gespräch verabredet, um sie für den PASSAGEN BLOG von Hapag-Lloyd Kreuzfahrten zu portraitieren. Wir wollen von ihr wissen, wie es eigentlich ist – mit einer Band an Bord eines Kreuzfahrtschiffes zu leben. Und vielleicht auch die ketzerische Frage stellen, ob man nicht auf Dauer eine Depression kriegt, wenn man immer “Besáme mucho” spielen muss?
Besáme Mucho läuft witzigerweise in der Lounge, in der wir uns treffen. Dayami hat ihren Leoparden-Umhang gegen ein schwarzes Kleid mit floralem Muster getauscht. Wir sitzen an einem kleinen Tisch und schauen über das unfassbar blaue Meer, es liegt glatt und ruhig da wie ein Gartenteich. Die Sonne blinzelt durch die großen Fenster und beleuchtet ein schönes Gesicht mit vollen Lippen und großen, sehr weißen Zähnen, mit dunklen Augen unter nur schwer zu bändigendem Haar. Keine Frage Dayami ist eine aparte Frau. Gebürtige Kubanerin, wie wir erfahren, Tochter eines international agierenden Unternehmens-Repräsentanten. Sie hat Medizin studiert, sogar abgeschlossen. Aber sie hat immer auch die Musik geliebt. Sie erzählt von ihrer kubanischen Mutter, die immer getanzt habe, und dass sie, Dayami, eine Gesangsausbildung gemacht habe. Und dann, an einem der Turning-Points angelangt, an denen jeder von uns in seinem Leben einmal eine Entscheidung zu treffen hat, meist zwischen dem Weg der Vernunft und dem Weg der Leidenschaft, entschied sich die singende Ärztin für die Musik.
Konzert nach Sonnenuntergang: Wir treffen Dayami vor ihrem Auftritt zur Poolparty, manche Fans schneiden mit
Die Band wurde bereits im Jahr 2000 gegründet. Dayami lebte damals schon in Berlin, der einzigen Stadt, in der jeder Kellner eigentlich ein Künstler ist und nur kellnert, um nicht kunstvoll zu verhungern. Doch was der gebürtigen Kubanerin viel mehr zusetzte, waren die Berliner Winter. Und nach dem zweiten sagte Dayami: “Jungs, wir müssen etwas finden, um den Winter zu verkürzen.” So kam Dayami aufs Schiff. Anfangs arbeitete sie für eine amerikanische Reederei, durfte da dann aber nicht mehr beschäftigt werden, weil es ein Embargo gegen Kuba gibt und deshalb darf ein US-Konzern einem Kubaner keine Arbeit anbieten. Die Band bekam ein Engagement bei einer deutschen Reederei. Doch die Arbeitsbedingungen waren eher schwierig: Die Künstler mussten sich überwiegend im Crew-Bereich aufhalten, durften nur zu bestimmten Zeiten an Deck. Die Einsatzpläne waren voll gepackt, das Repertoire war vorgeschrieben. Die Liebe zur Seefahrt hatte einen gehörigen Dämpfer erhalten. Und als Dayami and Company dann ein Engagement auf der EUROPA angeboten wurde, “waren wir erst zurückhaltend”, erinnert sich die Sängerin zwischen zwei Schlucken Mineralwasser, “haben uns dann aber sofort verliebt”.
Inzwischen ist die Band fast Stammgast auf den Luxusschiffen von Hapag-Lloyd Kreuzfahrten. Und ist zudem im wahrsten Wortsinne eine Company geworden, vereint Musiker, die diverse Instrumente beherrschen und verschiedene Sänger. So stößt mal ein moderner Schlager-Interpret zum Ensemble, mal der stimmgewaltige Amerikaner Will, der diesmal mit an Bord der EUROPA 2 ist. Und so lässt sich auch die Band für nahezu jeden Anlass umformieren, tritt mal als Jazz-Trio auf, das ruhige Songs in Club-Atmosphäre serviert, mal als Singer-Songwriter-Duo, mal als große Disko- und Pop-Nummer, dynamisch, mitreißend, das Publikum wird später bei der Poolparty rufen: “Zugabe! Zugabe!”
Viel Energie, mitreißende Stimme: Wenn die kleine Sängerin aufdreht, wird eine große Show geboten
Inzwischen hat Dayami als Sängerin die Welt gesehen. Ist sogar in eine Region gereist, die sie sonst wohl nie besuchte hätte – ans Nordkapp, wo es selbst im Sommer so garstig sein kann wie im Berliner Winter. Aber die Sonne geht nicht unter, und die Kubanerin wollte kaum schlafen. “Diese schroffe, einsame Welt fand ich so unfassbar schön.” Und “Besáme Mucho”, einer der klassischen Club-Songs, wie sie auf vielen Kreuzfahrtschiffen kurz und klein gespielt werden, dass man das eigentlich wunderbare Lied gar nicht mehr hören mag, wie oft spielt sie das? “Ach, ganz selten. Manchmal, wenn ich Lust habe…”
Aber jetzt muss sie los, sich vorbereiten, umziehen, schminken, Spannung aufbauen. Denn bald beginnt die Poolparty. Wir werden im Publikum stehen, das bereits beim zweiten Song alle Zurückhaltung fallen lässt. Es wird wild getanzt auf der EUROPA 2. Ein lauer Spätsommerabend auf dem Mittelmeer. Die Lichter der Lightshow flackern heller als die Sterne. Der Gin-Tonic schmeckt leicht nach Zitrus. Schuhe wippen im Takt. Und es ist ein Gänsehautmoment als Dayami singt: “Beause I’m happy, clap along if you know what happiness is to youuu. Because I’m happy, clap along if you…”
Eine Frau, die die Musik liebt und die See: Sängerin Dayami an der Reling der EUROPA 2 und im Konzertmitschnitt. Das Video wurde auf derselben Reise gedreht – es zeigt die Band in der eher intimen Atmosphäre des Jazzclubs
Mehr Infos über die aus Kuba stammende Sängerin Dayami finden Sie auf Ihrer Website www.dayami.de und hier mehr über die Musikreisen von Hapag-Lloyd Kreuzfahrten