Semi-Circumnavigation Antarktis. Die ganz besondere Expedition der HANSEATIC spirit
Die HANSEATIC spirit hat den Hafen von Ushuaia verlassen für eine ganz besondere Expedition: 32 Tage wird das Schiff auf See sein – von der Spitze Feuerlands über die Antarktis bis nach Neuseeland. Im Interview spricht Kapitän Axel Engeldrum über die Herausforderungen der Reise, die Pioniere des Südpols und über Momente, auf die er sich besonders freut.
Lieber Axel Engeldrum, Sie sind ein sehr erfahrener Kapitän. Und doch ist die nun anstehende Semi-Circumnavigation der Antarktis sicherlich auch für Sie eine außergewöhnliche Expedition. Wie viel Vorbereitung steckt in dieser 32-tägigen Reise?
Axel Engeldrum: Die Reise wurde mit mehreren Jahren Vorlauf von Hapag-Lloyd Cruises geplant. Die Route und der Zeitpunkt der Reise entsteht aus der Summe unserer langjährigen Erfahrung in diesem speziellen Fahrtgebiet. Seit mehreren Wochen beobachte ich die Eislage in den verschiedene Regionen, um ein Gefühl für die Entwicklung und die Eisdrift zu bekommen.
Vielleicht einmal vorab für alle, die nicht unmittelbar ein Bild des Kontinents und des einzigartigen Reiseverlaufs vor Augen haben – was ist eine Semi-Circumnavigation?
Es geht bei der Semi-Circumnavigation um die Halbumrundung der Antarktis. Die Reise beginnt am südlichen Ende Südamerikas, im Hafen von Ushuaia. Von dort geht es am Kap Hoorn vorbei mit Kurs zur Antarktischen Halbinsel. Wir verbringen einige Tage in dieser Region, besuchen Pinguinkolonien, erkunden die Gletscher und Buchten mit unseren Zodiacs. Die Reise führt uns weiter über den südlichen Polarkreis und bis in das große Rossmeer der Antarktis. Dort möchten wir auf den Spuren der ersten Polarforscher Scott und Amundsen die alten Basecamps aufsuchen, die dort noch da stehen, als seien sie gerade erst verlassen worden. Die Reise wird uns entlang der einsamsten und eisigsten Küsten der Welt führen. Nach dem Verlassen des Kontinents geht es über die subantarktischen Inseln in Richtung Neuseeland, dort endet unsere Expedition nach 32 Tagen.
32 Tage auf See. Kein Hafen, an dem man zwischendurch anhalten und einkaufen kann. Was sind die besonderen Herausforderungen im Hinblick auf das Laden?
Dafür benötigen wir einen guten Proviantmeister an Bord, der mit seinem Team die Verbräuche und Lagerwirtschaft im Blick hat. Essen, Getränke und all die Verbrauchsartikel müssen und werden reichen, es sind gute Leute an Bord.
Wie lange kann ein Schiff wie die HANSEATIC spirit – mit 199 Gästen an Bord – autonom auf See sein?
Zu den 199 Gästen kommen weitere 178 Crewmitglieder auf dieser Reise. Wir können locker 32 Tage ununterbrochen auf See sein. Wir haben ja unsere neuen Expeditionsschiffe für diese extremen Reisen konzipiert, von den Lagerräumen für Proviant und Ersatzteilen, über die Wasserversorgung und Tankkapazitäten. Wir planen so eine Reise immer mit einer Reserve, das heißt mit unserer HANSEATIC spirit könnten wir bis zu 38 Tage autonom unterwegs sein.
Der Planungsaufwand ist immens. Aber nicht alles kann antizipiert werden? Mit welchen nautischen Herausforderungen müssen Sie rechnen?
Wetter und Eis, das sind die die beiden unbekannten Komponenten, auf die wir kurzfristig reagieren müssen. Das Eis ist in Bewegung, in der Antarktis herrscht aktuell Hochsommer. Das Eis kann Buchten und Wege versperren. Das ist die nautische Herausforderung, eine auf die ich mich freue.
Was macht die Dauer einer Semi-Circumnavigation mit den Gästen?
Die Frage stellen Sie mir gerne nochmal am Ende der Tour. Es geht bei so einer langen Reise nicht darum, jeden Tag Highlights zu erleben. Es geht um das Gefühl für Größe und Dauer. Die entferntesten Plätze anzusteuern verlangt viel Geduld, und da wird wohl jeder Gast seinen eigenen Weg bei uns an Bord finden.
Gibt es besonderen Orte, die Sie anzulaufen planen?
Unsere Anlandungen unterliegen immer einer gewissen Flexibilität. Und manchmal sind die schönsten Highlights die, die im Vorfeld gar nicht geplant waren. Auf meiner Liste stehen: die Insel Puorqoi Pas, südlich der Polarkreises, mit einer großen Adelie Pinguinkolonie. Das Basislager mit der Scott-Hütte im Rossmeer. Die völlig einsame Insel Peter der Erste, sie liegt zwischen der Halbinsel und dem Rossmeer. So etwas reizt mich. Aber ich bin auch offen für all die ungeplanten Momente in dieser großartigen Welt.
Frühere Expeditionen haben ihre Spuren hinterlassen, die von unwirtlichen Abenteuern in vergangenen Zeiten erzählen. Sie selbst sind ein leidenschaftlicher Outdoor-Mensch. Was beeindruckt Sie an den „Entdeckern“ der Antarktis?
Zum Beispiel ihr Erfindungsreichtum. Alles, was sie für diese extremen Touren brauchten, mussten sie selbst herstellen – von der Kleidung, über die Skier, Schlitten und Zeltausrüstung. Und dann dieser unglaubliche Wille, so eine Expedition durchführen zu wollen, in eine völlig unbekannte Region mit ihren zum Teil lebensfeindlichen Bedingungen.
Ein Kapitän, so wissen wir, ist 24 Stunden in der Verantwortung. Erst wenn er von Bord geht, hat er frei. Und doch gibt es sicherlich Momente, die Sie genießen können. Gibt es einen, auf den Sie sich jetzt schon freuen?
Ich freue mich jetzt, dass alle an Bord sind, dass die Proviantlager gut gefüllt sind – und dass wir die Leinen in Ushuaia losgeworfen haben.
Fotos: Archiv, Interview: Dirk Lehmann