Solares Maximum! In diesem Winter sehen wir intensive Polarlichter – prophezeit Astronom Dr. Peter Habison
Spätestens wenn unsere HANSEATIC spirit auf ihrer Expedition in den Norden Norwegens den Polarkreis erreicht, werden die Gäste hoffen, Polarlichter zu sehen. Im Interview erläutert der Astronom Dr. Peter Habison, warum in diesem Winter die Chancen dafür so gut stehen wie lange nicht. So viel vorweg: Es hat mit dem Sonnenfleckenmaximum zu tun…
Lieber Dr. Peter Habison, im November bricht unsere HANSEATIC spirit auf zu ihrem ersten Polarlicht-Abenteuer in Norwegen. Warum empfiehlt sich in diesem Winter eine solche Reise besonders?
Dr. Peter Habison: Im Winter 2024/25 ist mit intensivieren und häufigeren Polarlichterscheinungen zu rechnen. Denn bis 2026 wird das Sonnenfleckenmaximum des derzeitigen Sonnenfleckenzyklus vorhergesagt. Um diese Zeit sendet die Sonne verstärkt Teilchenstrahlung aus, den sogenannten Sonnenwind. Dieser wiederum ist Auslöser der Polarlichter. Die beste Chance auf Sichtbarkeit besteht im Bereich des sogenannten Polarlichtovals, auf circa 65 bis 70 Grad nördlicher Breite. Norwegen bietet hier einen Logenplatz für die Beobachtung.
Was sind Polarlichter eigentlich?
Es handelt sich um eine Leuchterscheinung in der Hochatmosphäre durch angeregte Stickstoff- und Sauerstoffatome. Wissenschaftlich wird es als „Aurora Borealis“ auf der Nordhalbkugel und als „Aurora Australis“ auf der Südhalbkugel der Erde bezeichnet. Polarlichter entstehen durch energiereiche geladene Teilchen, die mit dem Erdmagnetfeld und den Atomen in der Hochatmosphäre wechselwirken.
Lassen sich Polarlichter vorhersagen?
Durch die Messung der Sonnenaktivität sowie der Variation der Magnetfeldstärke des Erdmagnetfeldes an spezifischen Orten kann eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die Sichtbarkeit von Polarlichtern abgeleitet werden. Man spricht vom geomagnetischen Aktivitätsindex, dem Kp-Index. Ein Wert von 0 bedeutet, dass es sehr wenig geomagnetische Aktivität und eine geringe Wahrscheinlichkeit für Polarlichter gibt, ein Wert von 9 bedeutet einen extremen geomagnetischen Sturm und daher eine hohe Wahrscheinlichkeit für Polarlichter.
Was haben Polarlichter mit dem Sonnenzyklus zu tun?
Die Häufigkeit und Intensität von Polarlichtern steigt mit dem Erreichen des Aktivitätsmaximums der Sonne. Das Sonnenmaximum ist die Zeit höchster Sonnenaktivität während des elfjährigen Sonnenzyklus. Während des Sonnenmaximums erscheint eine große Anzahl von Sonnenflecken, die wiederum Auslöser von Sonnenstürmen und gegebenenfalls von Polarlichtern sein können, auch nimmt die Sonneneinstrahlung um etwa 0,07 Prozent zu.
Wie kann man die Intensität eines solaren Maximums messen?
Die Vorhersage des solaren Maximums ist äußert schwierig und muss stets an die Beobachtung angepasst werden. Derzeit ist das Maximum für den Sonnenfleckenzyklus zwischen November 2024 und März 2026 vorhergesagt. Die Intensität wird durch verschiedenen Parameter bestimmt, wobei die Sonnenfleckenrelativzahl ein wichtiges Maß darstellt.
Welche Ereignisse sind auf ein solares Maximum zurückzuführen?
Am 10. Mai 2024 war ein extrem starkes Polarlicht sogar bis Mittel- und Südeuropa zu sehen. Dieses Ereignis stand in Zusammenhang mit einem Sonnensturm und einer dazugehörigen großen Sonnenfleckengruppe des derzeitigen solaren Maximums.
Polarlichter werden seit Menschengedenken beobachtet. Wie hat man früher darauf reagiert?
Es gibt zahlreiche Berichte und Mythen über Polarlichter, wobei sich diese naturgemäß vor allem auf die nördlichen Länder wie Norwegen, Schweden oder Finnland erstrecken. Die Menschen glaubten, hier Zeichen ihrer Götter zu sehen, die auf diese Weise mit ihnen in Verbindung treten wollten.
Was können Sie uns über die Farben der Polarlichter sagen?
Von Grün über Rot zu Blau und Violett spannt sich die Farbpalette. Ursache dafür ist die Wechselwirkung des Sonnenwindes und der Elektronen, Protonen und Alpha-Teilchen mit den Atomhüllen der Sauerstoff- und Stickstoffatome in unserer Erdatmosphäre.
Die besten Bedingungen für die Beobachtung?
Es sollte wolkenlos, höchstens schwach bewölkt sein. Ein dunkler Ort ohne störende Lichtquellen ist ebenso erforderlich wie Geduld, denn eine Polarlichterscheinung kann nicht auf Minuten genau vorhergesagt werden. Tendenziell sind Polarlichter eher um Mitternacht oder in der zweiten Nachthälfte beobachtbar. Und sie sind meist mit bloßem Auge erkennbar.
Welcher Beobachtungsmoment war so besonders, dass Sie sich noch heute daran erinnern?
Es gibt viele Beobachtungsmomente, an die ich mich erinnere. Besonders war schon meine erste Begegnung. Ich hatte gerade Tromsø erreicht, war müde und das Wetter auch nicht besonders gut. Dennoch stellte ich meine Kamera auf und wartete. Gerade als ich einzunicken begann, sah ich einen grünen Schimmer über der berühmten Eismeerkathedrale. Langsam entwickelte der sich zu längeren Vorhängen und Bändern und verschwand nach 15 bis 20 Minuten wieder. Ich war begeistert und hatte das Schauspiel zugleich mit meiner Kamera festhalten können. Es war schließlich 1 Uhr nachts, als ich zufrieden und voll des Nordlicht-Eindrucks einschlief.
Wahrscheinlich sitzen nicht alle Forscher nachts auf dem Fjellheisen, dem Hausberg von Tromsø. Wie werden Polarlichter von Ihren Kolleginnen und Kollegen erkundet?
Dafür dienen geophysikalische Observatorien. Eines der bekanntesten ist das „Kiruna Atmospheric and Geophysical Observatory (KAGO)“ in Schweden. In Norwegen gibt es das „Andøya Space Center“ auf den Vesterålen. Von dort aus werden Polarlichter computergestützt mit High-Tech Instrumenten beobachtet.
Als Wissenschaftler erfassen Sie die Aurora Borealis sehr analytisch. Begeistert Sie das Phänomen noch immer?
Auch wenn ich mich als Experte mit dem Himmel und den Polarlichtern beschäftige, bleibt immer die Faszination für dieses wunderschöne himmlische Schauspiels. Jede Beobachtung erfreut mich wie beim ersten Mal.
Welchen Vorteil hat es, die Aurora Borealis von Bord der HANSEATIC spirit zu beobachten?
Vor allem, dass man von verschiedenen geografischen Standorten aus in den Himmel schauen und weit in den Norden vordringen kann. Nördlich des Polarkreises bzw. des Polarlichtovals ist die Wahrscheinlichkeit einer guten Aurora Beobachtung relativ hoch.
Fotos: Archiv, Interview: Redaktion