Tanz in eine neue Zeit: die Show "Earth"

Datum: 17.03.2015
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Großes Kino für große Themen: In Earth geht es um das Leben als solches, um Herkunft und Standhaftigkeit

Anspruchsvolles Tanztheater, autobiographisch, authentisch, emotional – das Show-Programm an Bord der EUROPA 2 passt zum Anspruch des modernen Schiffes. Für den PASSAGEN BLOG treffen wir einige Künstler des Ensembles

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von Dirk Lehmann (Text) und Susanne Baade (Fotos)

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Die Ebenen vermischen sich, Grenzen verschwimmen, traditionelle Erzählformen verlieren ihre Eindeutigkeit. Hinter der Showbühne bewegt sich eine große Leinwand. Und die zeigt nun formatfüllend das Gesicht einer jungen Frau, blond, apart, kraftvoll, jetzt sehen wir sie auf einer Schaukel sitzen, unter ihren Füßen fliegt eine bunte Sommerwiese dahin. Aus dem Off ertönt nun heitere Gitarrenmusik, dann die Stimme der jungen Frau. Sie spricht Englisch. Wir erfahren, dass sie Kaelyn heißt, dass sie aus Kanada stamme, dass ihre Familie stark sei, aber auch ein wenig verrückt. Und später werden wir auch sie für stark halten. Und für ein wenig verrückt…

Als nächstes sehen wir Katja und Dan. Sie ist zart, blond, hübsch, er wirkt stark, hat dunkles volles Haar und ein schönes Lachen mit großen gesunden Zähnen. Sie sagt, sie komme aus Russland, lebe aber schon lange in Berlin. Er ist aus Arizona, hat da in Phoenix gelebt und fühlt sich nun ebenfalls in Berlin wohl. Sie spricht ein rollendes Deutsch, er ein typisch breites Amerikanisch. Es sind sympathische Menschen da auf der Leinwand hinter der Bühne, die wir jetzt in einem weiteren Einspielfilm über eine Grünfläche am Potsdamer Platz in Berlin laufen sehen. Im Hintergrund stemmen sich die Hochhäuser der Hauptstadt in den Himmel, im Vordergrund gesellen sich immer mehr junge Leute zu Katja und Dan. Auch Kaelyn ist nun dabei. Gemeinsam tanzen sie über das Gras. Acht junge Leute. Und nun stürmen sie auf die Bühne der EUROPA 2.

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Aufstrebend und abhebend: Ein Show mit viel Dynamik und verblüffender Artistik

Das bewegte Bild ist der Auftakt zur knapp einstündigen Show Earth, sie ist eine Mischung aus Tanz und Akrobatik, Schauspiel und Gesang. Mal bilden die Artisten auf der Bühne eine menschliche Pyramide, mal fliegen sie an Seilen über die Köpfe des Publikums hinweg und wer Katja an ihrem Trapez hängend tanzen sieht, der weiß wie das gemeint ist – ein wenig verrückt muss man schon sein, um so eine Artistik leben zu können. Dann wieder bewegen sie sich langsam und gefühlvoll umeinander. Es passt perfekt zum Anspruch der EUROPA 2, dass hier keine Broadway-Hit recycelt wird. Das anspruchsvolle Programm wurde eigens für diese Bühne entwickelt, es umfasst vier Shows: Fire, Wind, Water, Earth.

Letztere stellt eine wundervoll-spannende Verbindung aus Autobiographie und Choreographie dar. Die Artisten und Sänger spielen keine fernen Charaktere, sie treten auf als sie selbst. Und zeigen zu abwechslungsreicher Musik ihre stellenweise unfassbaren, die Schwerkraft quasi aufhebenden Darbietungen. Noch vor vielen Jahren musste man, wollte man eine solche Performance sehen, Eintrittskarten für Turnmeisterschaften kaufen, zumindest aber einen modernen Zirkus besuchen. Jetzt fliegen Kaelyn, Katja, Dan und ihre Kollegen durch das schönste Kreuzfahrtschiff der Welt. Und erhalten immer wieder Szenenapplaus. So wie die artistischen Momente das Publikum begeistern, berühren die poetischen. Am Ende können die acht gar nicht so oft vor den Vorhang treten, wie sie beklatscht werden.

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Ich und ich: Die Künstler spielen keine fernen Charaktere, sondern die eigene Autobiographie

Wir treffen sie nach einer Probe und sitzen mit dem Ensemble auf dem festverleimten Parkett des Theaters. Wir wollen wissen, wie es sich eigentlich anfühlt: sich selbst zu spielen. „Es ist was völlig Neues“, sagt Kaelyn. Katja fügt hinzu: „Ich fand es anfangs seltsam, aber auch spannend.“ Und Dan ergänzt: „There is no act-act.“

Wir outen uns, dass wir zwar fasziniert sind von der Akrobatik, dass wir aber, würden wir gefragt werden: Worum geht es eigentlich in der Show Earth, keine rechte Antwort wüssten. Und wir erfahren, dass es keine klassische Geschichte sei, die hier erzählt werde. Es sind eher Szenen, Momente, so genannte Moods, in denen es um Herkunft gehe, um Heimat. Um den Menschen und seine Leidenschaft.

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Beweglichkeit und bewegende Momente: Und das Ensemble vor der Leinwand, auf der das Ensemble zu sehen ist

Mehr als zwei Monate haben sie das Programm einstudiert, geprobt, an der Choreographie gefeilt. Und als fast alle Abläufe schon perfekt saßen, sich alles schon so gut anfühlte, da mussten sie weitere drei Wochen dran hängen. Ein Mitglied des Ensembles fiel aus, das Einarbeiten des Ersatzmannes dauerte. Denn so leicht und luftig wie diese Show auch aussieht, es steckt viel Arbeit drin.

Was unterscheidet eigentlich die Show auf einem Schiff von der auf einer Bühne an Land wollen wir wissen? Lachen auf der anderen Seite. Vor allem zwei Dinge: Das Schiff bewegt sich. Man kann sich zwar daran gewöhnen, sich anpassen. Aber bei Seegang könne man nicht spielen, dafür sei das Programm dann doch zu anspruchsvoll. „Aber viel gravierender: Die Gäste entscheiden sich ganz anders für die Show auf einem Schiff als an Land. Da sagt man etwa: `Lass uns doch heute Abend ins Theater gehen, ich bestelle Tickets.´ Man entscheidet sich bewusst für eine Veranstaltung. Wir müssen uns gegen mehrere andere, kostenfreie Angebote behaupten, etwa gegen ein gutes Essen mit Freunden oder einen schönen Sommerabend an Deck. Zudem zeigt der Gast, der nicht bezahlt, mehr Bereitschaft, das Theater zu verlassen, und tut das auch eher als an Land.“

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Künstler, die auf die nächste Frage warten: interessiert, aufmerksam – und nie die Dehnungsübungen vergessend

Doch wir können am Abend kaum jemanden gehen sehen. Und auch das Ensemble ist sehr angetan vom Zuspruch. Denn Sie wissen, dass diese Show anspruchsvoll ist. Modernes Tanztheater auf einem Kreuzfahrtschiff.

Schließlich werden wir persönlich und wollen wissen, was sie auszeichnet – die aktuelle Künstler-Generation. Und erfahren, dass das Mitglied eines Ensembles heute vor allem mehr können müsse. Auf der EUROPA 2 arbeiten Artisten und Sänger. Und selbstverständlich ist es ein Vorteil, wenn die Artisten auch tanzen und singen können. „Du musst als Darsteller flexibel sein, wenn du in diesem Job bestehen willst.“ Und zeitlich flexibel. Zwölf Wochen sind sie auf dem Schiff. Kurze Pause. Dann geht es weiter. Doch es ist ein gutes Schiff. „Auf anderen wird man zwischen den eigentlichen Shows noch zum Entertainment auf den kleineren Nebenbühnen verpflichtet. Hier müssen wir nur die Shows machen.“ Und Dan sagt, dass er es sehr schätzt, dass man sich an Bord frei bewegen dürfe. „Es gibt Schiffe, da ist den Künstlern nicht erlaubt in denselben Restaurants zu essen wie die Gäste.“

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Die Ebenen vermischen sich, Grenzen verschwimmen, klassische Genres passen sich neuen Erzählformen an. Und mit einem modernen Schiff nimmt eine traditionelle Reiseform Fahrt auf. Schon jetzt passt eine Kreuzfahrt kaum noch zum Klischee, das man mit dem Wort verbindet. An Bord der EUROPA 2 erlebt man sogar während des Showprogramms wie nachhaltig dieser Wandel sein wird. Auch dank wundervoller Menschen wie Kaelyn, Katja, Dan und den anderen.

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