„Wild. Unberührt. Dramatisch.“ Expeditionsleiter Heinz Strathmann über seine Leidenschaft für Spitzbergen

Nur wenige Regionen sind gleichermaßen so faszinierend und unzugänglich wie die Inselgruppe Svalbard. Am besten lässt sich der Archipel mit einem unserer Expeditionsschiffe erkunden. Mit an Bord: Expeditionsleiter Heinz Strathmann. Im Interview spricht er über den besonderen Zauber dieser schroffen Welt – und über die Herzlichkeit der Menschen dort.

Datum: 24.01.2024
Tags: #expeditionspitzbergen #hanseaticinspiration #hanseaticnature #hanseaticspirit

Lieber Heinz Strathmann, Sie stammen aus Grevenbroich, einer beschaulichen Stadt am Niederrhein. Wie entstand Ihre Begeisterung für die Expedition im Allgemeinen – und für Spitzbergen im Besonderen?

Heinz Strathmann: Schon als Kind habe ich mich in den Büchern von Fridtjof Nansen und Roald Amundsen „zu Hause“ gefühlt. Ab meinem 19. Lebensjahr wohnte und arbeitete ich in Norwegen, am größten Hochgebirgsplateau Europas, der Hardanger Vidda. Hier haben schon Nansen und Amundsen für ihre Expeditionen trainiert. Spitzbergen galt als der nächste Schritt. Wenn man Svalbard „beherrscht“, schafft man auch die anderen arktischen und antarktischen Expeditionsziele. Daher habe ich hier für meine Expeditionen trainiert, etwa für die Nordpol-Skiexpedition ab Sibirien oder eine Grönland Skidurchquerung mit meinem 16-jährigen Sohn. Er ist noch immer der Jüngste, der das geschafft hat.

Unzählige Inseln, selbst im Sommer von Eis bedeckt, kaum Straßen – was ist der Vorteil daran, Spitzbergen mit dem Schiff zu bereisen?

Das Schiff ist die einzige und noch dazu angenehmste Möglichkeit, die Küstengebiete des Archipels zu entdecken. Mit unseren kleinen Expeditionsschiffen kommen wir in Gegenden und Regionen, in deren Nähe die meisten anderen Schiffe gar nicht kommen dürfen und können. Auf Svalbard – das ist der norwegische Name für den Spitzbergen-Archipel – gibt es insgesamt nur 40 Kilometer Straßen. Im Winter kann man Teile des Inlands mit dem Schneemobil oder auf Ski entdecken. Im Sommer bleibt nur das Schiff.

Auf welchen Spitzbergen-Moment freuen Sie sich ganz besonders in der kommenden Saison?

Es ist nicht bloß die Natur. Sondern zu sehen, wie beeindruckt die Gäste sind, wenn wir mit dem Zodiac an einem mächtigen Gletscher entlangfahren oder Tiere beobachten. Wenn wir Fossilien finden oder eine einzelne blühende Blume in einer Steinwüste bewundern. 

Spitzbergen in drei Adjektiven – welche wären das?

Wild. Unberührt. Dramatisch. 

Was ist das Besondere an Ihrer Tätigkeit als Expeditionsleiter?

Es ist immer spannend. Ständig steht man vor neuen Herausforderungen. Flexibel entdecken wir Neues und Altes – was immer ein Abenteuer ist. Durch das Team der Experten an Bord und im Falle Svalbards durch die Eisbärenwächter erfahre selbst ich viele spannende Hintergründe und gewinne seltene Einblicke.

Auf der Inselgruppe wohnen rund 2.600 Menschen und etwa 3.000 Eisbären. Was ist das Besondere an dieser Lebensgemeinschaft?

Die Eisbären sind die Könige der Inselgruppe. Die Menschen auf Spitzbergen müssen und wollen ihr Verhalten den Tieren anpassen – nicht umgekehrt. Der Ursus maritimus, so seine lateinische Bezeichnung, war hier zuerst. Und wir müssen darauf achten, dass er auch in Zukunft auf Spitzbergen sein zu Hause hat.

Wie müssen wir uns das Leben der Menschen vorstellen? 

Die meisten Menschen in Longyearbyen, Barentsburg oder Ny Ålesund haben und suchen ein sehr enges Verhältnis zur Natur. Da ist das Konzept „Zeit“ und „Uhr“ nicht immer das Wichtigste. Ansonsten gibt es viele Sportangebote von Eisbaden bis Kajak-„Rugby“, sowie Kultur-Angebote, sodass ein Fernseher entweder gar nicht vorhanden ist oder nur für die Nachrichten gebraucht wird. Zudem besuchen sich die Menschen hier gegenseitig. Gern auch unangemeldet. Man nimmt eine Kaffeetasse, geht hinüber zum Nachbarn und setzt sich in die Stube. Die Haustüren sind nur selten abgeschlossen. Und der Nachbar freut sich. Wenn nicht, geht man zum Nächsten. Alle reden miteinander.

In der Wildnis nur von Weite und Stille umgeben zu sein – wie fühlt sich das an?

Sehr gut. 

Wie würden Sie unseren Gästen eine Eisbären-Beobachtung beschreiben?

Meist unerwartet. Mit viel Respekt für das Tier und dessen Lebensbedingungen. Spannend. Natur pur. Kraft. Eleganz. Die Gefühle dabei lassen sich kaum beschreiben – man muss sie selbst erleben.


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Der perfekte Tag auf Spitzbergen – wie sieht der aus? 

Es gibt immer eine Überraschung, die den Tag besonders macht. Die Landschaft, die in der Sonne glitzert. Das Naturschauspiel der Gletscher. Meereis auf dem Weg Richtung Nordpol. Eine Tierbeobachtung. Übrigens: Der perfekte Tag kann auch die Nacht sein. In der Zeit der Mitternachtssonne ist es taghell – und sehr ruhig.

Mit welchen Gefühlen gehen unsere Gäste am Ende unserer Spitzbergen-Expedition von Bord?

Das wird bestimmt sehr individuell sein. Aber ich glaube, viele Gäste haben danach einen Großteil ihrer Neugier für dieses Archipel zufriedengestellt. Sie werden Abenteuer und unglaubliche Natur erlebt haben und die Welt, die Arktis und die Klimazusammenhänge etwas besser verstehen. Man fühlt, so glaube ich, dass man unglaublich privilegiert ist, als eine oder einer der Wenigen diese Inseln besucht und erlebt zu haben.

Man reist nach Spitzbergen weil …

… man interessiert ist an Polargeschichte und an der Natur der Arktis. Weil sich hier Abenteuer erleben lassen – bestimmt von Wind und Wetter. Um täglich neues und großartiges wie Walrosse zu entdecken. Damit man sich selbst ein Bild machen kann, wie der Zustand der Gletscher der Arktis wirklich ist. Weil man herausfinden kann, was Ruhe ist. Und weil sich das alles im kleinen Kreis mit Gleichgesinnten an Bord erleben lässt.

Fotos: Archiv, Interview: Redaktion

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