Halbzeit in der Werft: Expedition zur BREMEN im Dock
Expedition zur BREMEN im Dock. Zwei Wochen liegt das Schiff im Dock 10 von Blohm + Voss. Mehr als 400 Arbeiter arbeiten in mehreren Schichten und erledigen 861 Gewerke. Es werden 1.920 Quadratmeter Teppich verlegt, 1.300 Liter Farbe verbraucht und 5.200 Quadratmeter Schiff gestrichen. Der PASSAGEN BLOG berichtet aus dem Dock
von Susanne Baade (Fotos) und Dirk Lehmann (Text)
Rainer Wallis sitzt am Pool der BREMEN. Doch statt Wasser kräuselt sich ein schwarzes Sicherheitsnetz über blauen Kacheln, Schläuche hängen im leeren Becken, Baustoffreste haben sich auf dem Grund gesammelt. Über das Pooldeck rattert eine Dielenschleifmaschine. Wo sonst Liegen stehen, stapeln sich Zementsäcke und Farbeimer. Ein Arbeiter lackiert, ein anderer schweißt, ein Dritter entfernt Rost mit einem Pressluftnagler. Ein enormer Lärm liegt in der Luft. Und das Pooldeck, sonst ein Ort der Entspannung, ein Ort, an dem bei schönem Wetter die besonderen Festivitäten begangen werden, die bei einer Reise mit der BREMEN anstehen – Kapitänsempfang, Äquatortaufe, Polarlichtbeobachtungen – präsentiert sich dem unerfahrenen Betrachter als Ort des Chaos.
„Das sieht doch alles super aus“, sagt Rainer Wallis, als technischer Inspektor verantwortlich für die Baufortschritte der BREMEN während ihrer diesjährigen Werftzeit. Er macht gerade einen Rundgang, steht im weißen Overall, mit Helm und Sicherheitsschuhen ausgestattet, auf dem Pooldeck, sieht auf die Löcher im Teakholz, auf die fehlenden Handläufe, auf die demontierten Sonnenblenden, auf die Leitern und Arbeitsmaterialien, auf die Handwerker und Elektriker. Und er weiß, die BREMEN liegt gut in der Zeit. In weniger als einer Woche kommen die ersten Gäste an Bord.
Die Expedition zur BREMEN im Dock beginnt am Heck. Turnusgemäß werden die Schiffe von Hapag-Lloyd Cruises alle zwei Jahre überholt. So manche technische Wartungsarbeit fällt an – an der Maschine und den Aggregaten, an der Ruderanlage und den Stabilisatoren. Anderes teilt man auf. Beim Werftbesuch in 2014 wurden die Schiffspropeller erneuert. Bei dieser Werftzeit werden sie nur gewartet. Dafür hat man die Schraubenwellen komplett aus dem Heck gezogen, die Lager überarbeitet und die Schmierung umgestellt. Als erstes Kreuzfahrtschiff überhaupt fährt die BREMEN mit seewassergeschmierten Wellen.
Für einen Moment stehen Inspekteur Wallis und BREMEN-Kapitän Roman Obrist vor dem Heck und sehen zehn Werftarbeitern dabei zu, wie die mit Hilfe eines Gabelstaplers und mehrerer Flaschenzüge die mehr als acht Meter lange und rund sieben Tonnen schwere Welle in den Schiffsrumpf schieben, Zentimeter um Zentimeter. Fast einen ganzen Tag wird das dauern. Und es zeigt sich daran die Besonderheit des Arbeitens an einem Schiff, dieses immer wieder verblüffende Nebeneinander von robustem und sehr vorsichtigem Handeln. Dass man einerseits kurzerhand ein paar Ösen an den Rumpf des Schiffes schweißt, um daran die Flaschenzüge zu befestigen, dass dann andererseits Millimeter zählen. Die Arbeiten im Dock haben somit viel gemeinsam mit einer Expedition – einerseits muss man mit Entschlossenheit durchs Eis, andererseits ist die Welt, die man bereist, ein sensibler und schützenswerter Raum.
„Hapag-Lloyd Cruises ist sich seiner Verantwortung für die Umwelt bewusst“, sagt Kapitän Obrist, „die Stabilisatoren der BREMEN werden von nun an mit umweltverträglichem Bio-Öl betrieben, und es erfolgte der Einbau einer Ballastwasserbehandlungsanlage.“ Und erst aus der nicht ganz einfachen Erklärung ergibt sich deren Funktion und Nutzen: Die Entkeimung mittels UV-Licht soll verhindern, dass etwa in der Nordsee aufgenommene Mikroorganismen als blinde Passagiere in den – das Schiff stabilisierenden – Ballasttanks mit in die Antarktis reisen. Hunderte von Meter Kabel müssen dafür im Rumpf der BREMEN verlegt werden, Schaltanlagen und Kontrollleuchten werden angebracht, es ist ein enormer Aufwand. An manchen Stellen haben die Werftarbeiter schlicht den Rumpf des Schiffes aufgeschweißt, denn vieles passt nicht durch die Türen. Wie gesagt, es ist ein Nebeneinander von Robustheit und Rücksicht.
400 Menschen arbeiten zeitversetzt in mehreren Schichten. 861 Posten müssen abgehakt werden. Der Rumpf wird neu gestrichen, das Logo auf dem Schornstein angepasst, einige der 70 Kilogramm schweren Scheiben der Panoramalounge werden ausgetauscht, neue Teppiche werden verlegt, Sofas und Sessel neu bezogen, das Stoff-Design folgt dem Motto „inspired by nature“. Noch aber stapeln sich die Teppich-Rollen in den Fluren, an anderer Stelle schützen Folien die Oberfläche. Und im Tohuwabohu, das ein Schiff mitten in der Werftzeit bietet, erlebt man im Dock 10 von Blohm + Voss erstaunlich viel professionelle Gelassenheit. Und so manch heiteren Moment. Wenn etwa die Girls vom Roomservice für einen Augenblick ihre Putzsachen zur Seite legen und für ein Foto durch den Flur auf Deck 6 tanzen. Wenn der Inspektor und der Kapitän auf den Pallen vor der BREMEN posieren. Dann spüren auch Zweifler diese Gewissheit: Es mag im Moment vielleicht nicht danach aussehen – aber es ist alles super.
• Auf ihrer ersten Reise begibt sich die renovierte BREMEN an die Küste Westeuropas. In elf Tagen geht es von Hamburg über Portsmouth, Falmouth, Lorient, La Pallice, Bordeaux, St.-Jean-de-Luz, Santander und La Coruna nach Lissabon
• Infos zu den weiteren Expeditionen mit der BREMEN finden Sie hier.
• Weitere Berichte über die Abenteuer der Expeditionsschiffe von Hapag-Lloyd Cruises erzählt der PASSAGEN BLOG unter diesem Link.