Ocean Sun Festival auf MS EUROPA: Konzertsaal auf See

Ocean Sun Festival auf MS EUROPA: Beim Klassik-Event verwandeln große Stars das Luxusschiff zur Bühne für besondere Konzerte im kleinen Kreis. Der PASSAGEN BLOG trifft Susanna Kitzl, Artistic Director Hapag-Lloyd Cruises, zum Interview

Datum: 02.09.2015
Tags: #oceansunfestival #klassik

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Seit 2007 wird die EUROPA jährlich zur Bühne eines großen Fests der klassischen Musik: Beim Ocean Sun Festival treten einige der besten internationalen Musiker auf – in diesem Jahr auf der Reise von Kiel über Danzig, Stockholm, St. Petersburg nach Hamburg: der ECHO Preisträger und Soloharfenist Xavier de Maistre, der Tenor und Operalia-Gewinner Joel Pietro, der französische Bariton Edwin Crossley Mercer, der Dirigent Ariel Zuckermann, der Pianist und Arthur Rubinstein Piano Master Competition-Gewinner Alexander Korsantia, sowie das international gefragte Streichquartett Minguet Quartett. Es sind große Stars, die das Schiff zum privaten Konzertsaal machen. Denn das ist eine Besonderheit dieser Musik-Reisen – der Gast ist mittendrin.

Verantwortlich für das Programm zeichnet bei Hapag-Lloyd Kreuzfahrten das Team um Susanna Kitzl. Die ausgebildete Opernsängerin kam eher zufällig zu ihrem Job. „Eigentlich sollte ich an Bord der EUROPA singen“, sagt sie lachend. Doch dann wurde sie gefragt, ob sie sich nicht auch vorstellen könnte, die Elternzeitvertretung für das Künstlermanagement zu übernehmen. Man wusste um ihre organisatorischen Fähigkeiten. Aus der Vertretung wurden acht Jahre. Der PASSAGEN BLOG trifft Susanna Kitzl für ein Interview: Es geht um die Herausforderungen im Umgang mit Künstlern und um das Ocean Sun Festival 2015.


PASSAGEN BLOG: Neben den vielen Einzelkonzerten an Bord gibt es auf der EUROPA zwei große Musik-Events. Was unterscheidet die beiden Formate?

Susanna Kitzl: Stella Maris ist ein Wettbewerb. Acht Nachwuchssänger großer Opernhäuser treten in drei Disziplinen gegeneinander an: Lied, Oratorium und Oper. Wir haben eine Jury, die die Sänger bewertet. Der Sieger erhält 15.000 Euro. Es ist eine Veranstaltung mit den Namen der Zukunft. Das Ocean Sun Festival ist das Fest der hochkarätigen Kammermusik: ein Streichquartett, ein Dirigent, große Solisten, Instrumentalisten und Sänger. Dafür holen wir Stars an Bord, die man sonst selbst an Land nur selten sehen kann. Und wir haben den Vorteil, dass bei uns die Musiker auch in ungewöhnlichen Konstellationen miteinander musizieren. Wir können den Bariton bitten, „Die Forelle“ von Schubert zu singen und im Anschluss das Forellenquintett zu hören. Ein üblicher Konzertbetrieb könnte sich nicht leisten, den Bariton nur für ein Lied zu engagieren.

Welche Künstler werden auf dieser Reise an Bord sein?

Als Basis suche ich mir immer ein Streichquartett, damit kann man Kammermusik realisieren. In diesem Jahr ist es das berühmte Minguet Quartett. Die Musiker verstehen sich blind und sind vielgefragt. Wir freuen uns, dass sie auf der EUROPA spielen. Toll ist auch, dass wir in diesem Jahr den Harfenisten Xavier de Maestre haben gewinnen können. Lange war keine Harfe mehr an Bord. Bei diesem Instrument ist der Transport die Herausforderung…

Sind Harfen besonders empfindlich?

…auch. Zudem sind Harfen besonders groß. Die kann man nicht so einfach als Flug-Gepäck aufgeben.


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Da hilft es, dass die Reise in Kiel startet und in Hamburg endet. Wer wird noch an Bord musizieren?

Der Bariton Edwin Crossley Mercer hat bereits diverse Wettbewerbe gewonnen und schon mit dem Harfenisten gespielt. Zu Mercer aber kam ich über den ausgezeichneten Tenor Joel Pietro, den ich in Salzburg gehört habe vor zwei Jahren. Ich war so begeistert von ihm, er ist jung und ein toller Künstler. Dann kam die Sopranistin Sarah Hershkowitz mit ins Boot. Und es stellte sich heraus, die drei hatten bereits zusammen gesungen. Der Dirigent, Ariel Zuckerman, der bereits 2010 bei uns an Bord war, hat den Pianisten vorgeschlagen. Die Branche ist gut vernetzt, und so hilft es, wenn man sich in diesem Netzwerk auskennt. Ich fange an zu planen, und es läuft wie eine Kaskade von Domino-Steinen, klack-klack-klack.

Eine herrliche Fügung. Hat es für den Gast einen Vorteil, wenn sich die Musiker kennen?

Wenn die Künstler bereits miteinander gespielt haben, beflügelt sie das. Und, ja, das ist für den Gast ein großer Vorteil, wenn die Künstler alles geben.

Was ist die besondere Herausforderung, um einen Musiker für die EUROPA zu gewinnen?

Dass es terminlich passt. Musiker sind eingebunden in ein enges Korsett aus Spielzeiten, Festivals, Einzel-Engagements. Und sie kommen ja nicht auf das Schiff, singen und fliegen dann wieder nach Hause. Das ist die Besonderheit unserer Reisen, dass die Künstler an Bord sind, dass man ihnen begegnet, mit ihnen spricht. Und daraus ergibt sich die andere große Herausforderung für uns. Die Musiker, die wir verpflichten, müssen nicht nur wunderbare Künstler sein, sie müssen auch von der Persönlichkeit passen: charming, aufgeschlossen und offen anderen Menschen gegenüber.

Ist es schwer so einen Künstler zu finden und zu engagieren?

Mein Netzwerk ist zum Glück groß. Zudem bin ich viel unterwegs, höre mir Konzerte an, treffe mich mit Agenten und Künstlern. Und: Ich habe ein wundervolles Produkt. Die EUROPA ist ein Fünf-Sterne-plus-Hotel. Deshalb kommen die Künstler gern.


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Künstler, so will es das Klischee, können auch sehr eigen sein. Welche Informationen erwarten sie?

Es geht vor allem um die Instrumente. Pianisten wollen wissen, was ist das für ein Flügel? Ist es ein Steinway? Wer stimmt das Instrument? Wie ist die Luftfeuchtigkeit? Wie die Akustik? Es geht gar nicht so sehr um Starallüren, sondern vor allem um eine perfekte Vorbereitung.

Sorry für die Zwischenfrage, aber wie ist denn die Akustik?

Ich bin ehrlich: Auf dem Schiff ist die Akustik schwierig. Es gibt überall Teppich, viele Sofas. Das schluckt viel Klang. Allerdings haben wir eine hervorragende Mikrophonie. Der Sound ist trocken, aber gut. Wenn du ehrlich bist zum Künstler, dann kann er sich ein Bild von der Situation machen. Und damit auch umgehen. Mein Vorteil: Ich kommen selber von der Bühne, ich weiß, was der Musiker braucht.

Zwei Jahre, so haben Sie erklärt, planen Sie und das Team voraus. Jetzt erst wird sich das Ergebnis an Bord zeigen. Werden Sie mit fahren?

Ohh ja! Das ist existentiell wichtig für mich. Jeder Direktor oder Intendant hat die Bühne vor Ort, er braucht nur einfach runter zu gehen. Ich gehe eben auf das Schiff und schaue, wie alles läuft. Und genau dafür macht man doch seinen Job, um den Moment zu erleben, an dem das Werk fertig ist. Würde mir der fehlen, wäre es irgendwie unvollendet. Ich freue mich sehr auf diese Reise.


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Interview: Dirk Lehmann, Fotos: Susanne Baade und Sony Music (2)

Hier finden Sie weitere Informationen zur im Interview beschriebenen Reise mit der EUROPA von Kiel nach Hamburg. Wer selbst große Klassik im kleinen Rahmen erleben will, dem bietet sich im nächsten Jahr die Gelegenheit dazu auf dieser Reise mit der EUROPA von Hamburg nach Lissabon.

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